Max Conrad, der ehemalige Stadtpräsident von Burgdorf, ist wegen eines Artikels über ihn vor Gericht gegangen. Der Artikel war im Vorfeld eines Prozesses gegen Conrad erschienen. Er musste sich im April 2000 wegen Fahrens in angetrunkenem Zustand und Bedrohung eines Barbesuchers mit einer Waffe verantworten und wurde zu 12 Monaten Gefängnis bedingt verurteilt. Die Redaktorin argwöhnte in ihrer Glosse, Conrad versuche sich mit seiner Sehbehinderung ein milderes Urteil zu verschaffen. Die Journalistin schrieb: «Conrad weiss um das drohende Strafmass» ... «Also kauft er sich einen Blindenstock und erblindet. Allerdings temporär.» Die Redaktorin hatte vor der Veröffentlichung ihres Artikels Conrad keine Stellungnahme ermöglicht. Trotz einer nachträglichen Gegendarstellung sowie einer Entschuldigung der Redaktion («Conrad ist kein Simulant») stehen sich die Kontrahenten seit Dienstag in Burgdorf vor einer Einzelrichterin gegenüber. Die angeklagte Journalistin gab zu Protokoll, dass sich in Burgdorf zahlreiche Bürger an der Vorzugsbehandlung der früheren Stadtgrösse Conrad störten. Conrad stand wiederholt wegen Alkohol am Steuer vor Gericht, bekam dafür aber lediglich bedingte Strafen. Die einzige unbedingte Strafe habe er erst noch länger als üblich hinauszögern können. Normale Bürger würden bei Alkohol am Steuer wesentlich härter angefasst. Conrads Rechtsvertreter bezeichnete den Artikel als böswillig, einseitig und wirklichkeitsfremd. Conrad habe in keiner Weise sein Leiden instrumentalisiert, um einer hohen Haftstrafe zu entgehen. Er sei bereits seit 1999 zu 88% invalid und beziehe entsprechend Rente.
Dienstag
29.01.2002