Die Event-Branche findet nicht aus der Krise, auch nicht seit der Zertifikatsregelung.
Für das laufende Geschäftsjahr rechnet die Branche mit dem Ausfall von 15'000 Veranstaltungen. Der Umsatz wird auf 2,52 Milliarden Franken geschätzt und ist kaum besser als im Vorjahr. Dies zeigte eine Umfrage der Branchenverbände Expo Event, SVTB und Tectum Ende Herbst.
Dass die Situation prekär ist, weiss auch Markus Simmen. Er ist schon seit über zwanzig Jahren in verschiedenen Funktionen in der Veranstaltungs-Branche tätig, unter anderem als COO bei «Das Zelt».
Heute ist er im Stiftungsrat der Show «Mummenschanz», sitzt im Vorstand des Verbands Sponsoring Schweiz und ist daneben als Selbstständiger in der Branche aktiv.
Der Klein Report hat bei Markus Simmen nachgefragt, was die Annahme des Covid-19-Gesetzes für die Branche bedeutet, wie er die Situation der Mitarbeitenden im Veranstaltungsbereich einschätzt und wie sich die aktuellen Entwicklungen auf seine Projekte auswirken.
Am 28. November haben die Schweizer Stimmberechtigten für die Änderungen des Covid-19-Gesetzes gestimmt. Was bedeutet dies bezüglich der Entschädigungsinstrumente für die Event-Branche?
Markus Simmen: «Das Ja zum Covid-Gesetz der Schweizer Bevölkerung war für die Kulturschaffenden insofern wichtig, als dass somit bereits bestehende Entschädigungsmassnahmen und insbesondere der Schutzschirm weitergeführt werden können. Allfällige Abstimmungen in der Wintersession, wie von den zuständigen parlamentarischen Kommissionen vorgeschlagen, dürften somit ohne grosse Probleme zugunsten der Kultur ausgesprochen werden. Es liegt auf der Hand, dass diese Massnahmen den Firmen helfen und somit Arbeitsplätze gesichert werden können. Nichtsdestotrotz findet eine Abwanderung von Arbeitnehmern in andere Wirtschaftszweige statt.»
…und wieso?
Simmen: «Diese Entwicklung ist normal, da die Unsicherheit in der Branche nach wie vor gross ist. Dass dieser Zustand sich in den nächsten Monaten nicht gross ändern wird, ist mittlerweile allen klar.»
Sie sind seit März 2019 im Vorstand des Verbands Sponsoring Schweiz aktiv. Wie stellt sich der Verband, der enorm durch die Corona-Pandemie gebeutelt wird, auf die kommenden Monate ein?
Markus Simmen: «In den vergangenen zwei Jahren war natürlich an normale Verbandsaktivitäten nicht zu denken. Da physische Veranstaltungen nicht durchgeführt werden konnten, haben diese virtuell stattgefunden. Wir haben festgestellt, dass dieser Austausch für die Mitglieder extrem geschätzt wurde. Nun freuen wir uns ganz besonders, dass wir den wichtigsten Anlass, den ‚Sponsoring Excellence Award 2022‘, am 25. März 2022 wieder durchführen können. Zumindest planen wir entsprechend. Auch Nichtmitglieder dürfen herausragende Sponsoringprojekte einreichen und auf eine Auszeichnung hoffen. Die Eingabefrist läuft noch bis zum 15. Dezember.»
Engagiert sich Sponsoring Schweiz auch auf politischer Ebene?
Simmen: «Der Verband ist politisch nicht aktiv und betreibt auch kein Lobbying.»
Wie geht es den Mitarbeitenden in der Event-Branche? Welche Trends haben sich abgezeichnet?
Markus Simmen: «Seit bald zwei Jahren befindet sich die Event- und Kulturszene im Krisenmodus. Natürlich geht diese Situation an niemandem spurlos vorbei. Die Hauptproblematik war und ist, dass man sich ständig an neue Situationen anpassen muss und dies oft auch vergebens, weil bereits wieder andere Parameter berücksichtigt werden müssen. An oberster Stelle eines Veranstalters steht immer die Sicherheit des Publikums und der Mitarbeitenden. Hier kann gesagt werden, dass sich die Schweizer Veranstalter vorbildlich verhalten haben. Mit gutem Gewissen kann festgehalten werden, dass für die physische Sicherheit sehr gut gesorgt wird.»
…und weiter?
Simmen: «Die Kulturschaffenden sind zudem sehr bemüht, dem Publikum unterhaltsame Shows und Konzerte unter Befolgung der gültigen Schutzkonzepte zu bieten. Einem Veranstaltungsbesuch, um auf andere Gedanken zu kommen und abzuschalten, steht nichts im Wege. Dies ist gerade jetzt wichtig und hilft den vielen involvierten Personen, die im Zusammenhang mit einer Showproduktion nötig sind, um arbeitstechnisch in Form zu bleiben. Vereinfacht gesagt sind wir alle in unseren Fachgebieten wie Profisportler. Ohne Training und Wettkämpfe kann man nie die Leistung erbringen, die man von sich selbst gewohnt ist.»
Was bedeutet dies alles für die Projekte, in welche Sie involviert sind?
Markus Simmen: «In der Tat sind wir beispielsweise bei Mummenschanz, wo ich als Stiftungsrat tätig bin, natürlich von den letzten Entwicklungen massiv betroffen. Mummenschanz feiert 2022 das 50-jährige Bühnenjubiläum und startet die gleichnamige Tournee am 10. Dezember 2021 im Theater 11 Zürich. An diesem Vorhaben halten wir fest, da unsere langfristige Planung – in der Regel werden Theaterspielzeiten mehrere Jahre im Voraus geplant – dies gar nicht anders zulassen würde.»
Wie siehts bei Ihren anderen Projekten aus?
Simmen: «Spannend ist das Projekt zusammen mit dem Verein Kunst-Talente.ch, welches im ‚Freiruum Zug‘ geplant ist. Zusammen mit meinen Mitinitianten haben wir festgestellt, dass sich vor allem Kinder und Jugendliche in den vergangenen Monaten buchstäblich in die digitale Welt abgemeldet haben. Soziale Kontakte gehen schleichend verloren und können nur schwer reaktiviert werden. Mit dieser Idee wollen wir gezielt junge Menschen in den Bereichen der darstellenden Künste wie Musik, Artistik, Schauspiel et cetera in Kombination mit der Digitalisierung fördern und reale Alternativen schaffen.»
Und bei Radio Zürisee sind Sie ebenfalls aktiv, oder?
Markus Simmen: «Genau, ein weiteres Projekt realisiere ich zusammen mit Radio Zürisee. In den nächsten Wochen wird das ENTRA und das sich darin befindende KK Zürisee (Kultur- und Kongresszentrum Zürichsee) eröffnet. Radio Zürisee wird als Veranstalter für die Bespielung dieses neuen Saals, der über eine Kapazität von maximal tausend Personen verfügt, zuständig sein. Dort stelle ich sicher, dass die von mir gebuchten Acts erfolgreich durchgeführt werden können. Am 23. Januar starten wir mit ‚De Räuber Hotzenplotz‘ in dieses Abenteuer. Weitere Acts sind bereits bestätigt. Für 2022 planen wir rund 20 Shows.»
Ihr Fazit?
Simmen: «Wie bei allen anderen Projekten, die noch nicht spruchreif sind, gilt es nach vorne zu schauen und gleichzeitig Geduld zu haben. Trotz der widrig erscheinenden Umstände bin ich mir sicher, dass die ganze Veranstaltungs- und Eventszene gestärkt aus dieser Krise herauskommen wird. Wir bleiben optimistisch und kämpfen alle weiter.»