Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte rügte Deutschland: Mit der Verurteilung eines Arztes nach einem Zeitungsinterview sei gegen das Grundrecht auf Meinungs- und Pressefreiheit verstossen worden. Der Arzt hatte in einem Interview mit der «Schwäbischen Zeitung» über ein von ihm entwickeltes Laser-Operationsverfahren berichtet, mit dem er bereits 400 Patienten erfolgreich operiert habe. Diesen Artikel, der mit einem Foto des Mediziners illustriert war, wertete die deutsche Disziplinarkammer als Eigenwerbung, die Ärzten untersagt sei. Der Augenarzt aus Baden-Württemberg wurde 1995 vom Bezirksberufungsgericht für Ärzte in Tübingen zu einem Bussgeld in Höhe von 2000 Mark verurteilt. Der Gerichtshof für Menschenrechte rügte nun diese Entscheidung als «unangemessen». Die Presse habe die Aufgabe, über medizinische Fragen von allgemeinem Interesse zu berichten, heisst es in dem Urteil. Der Artikel habe das neue Operationsverfahren korrekt beschrieben. Auch seien die Aussagen des Arztes weder falsch noch irreführend gewesen. Die Disziplinarkammer habe nicht ausreichend zwischen den unterschiedlichen Aspekten abgewogen - den Interessen der anderen Ärzte, dem Gesundheitsschutz, dem Recht des Betroffenen auf Meinungs- und Pressefreiheit sowie der Rolle der Presse in einer demokratischen Gesellschaft.
Freitag
18.10.2002