Ein grosser Traum von Charles von Graffenried, Verwaltungsratspräsident der Espace Media Groupe («Berner Zeitung»), geht in Erfüllung: Er kann 40% der altehrwürdigen Berner Tageszeitung «Der Bund» übernehmen. Die bisherige Hauptaktionärin, die «Neue Zürcher Zeitung» verkauft die Hälfte ihres 80%-igen Aktienanteils. Mit dem Einkauf soll die Zukunft der traditionsreichen Zeitung «Bund» durch Zusammenarbeit mit dem Konkurrenten «Berner Zeitung» (BZ) gesichert werden.
Die Redaktion des «Bund» bleibe unabhängig, wie die Bund Verlags AG und die Espace Media Groupe am Freitag mitteilten. Jedoch werde die Zeitung künftig von der Verlagsinfrastruktur der Espace Media Groupe hergestellt und vertrieben. Umgesetzt werden soll dieses Modell - vorbehaltlich der Bewilligung durch die Wettbewerbskommission (Weko) - per Anfang 2004. Auf diesen Zeitpunkt hin sollen auch 25 Stellen abgebaut werden. Mit einem weiteren Stellenabbau sei zu rechnen, wenn der Produktionsbetrieb der Bund Verlag AG in Bümpliz Mitte 2005 geschlossen und die Zeitung im Druckzentrum der Espace Media Groupe gedruckt wird.
Der «Bund»-Chefredaktor, Hanspeter Spörri, zeigt sich zuversichtlich, dass mit diesem Modell «langfristig eine unabhängige und eigenständige Redaktion des Bundes» gesichert werden könne. Dies sei auch das Anliegen von Graffenried und der NZZ-Gruppe, die weiterhin die publizistische Führung inne habe. Wie Spörri am Freitagnachmittag auf Anfrage des Klein Reports erklärte, habe er sich für diese Lösung eingesetzt, da sie «den Erhalt der jetzigen Redaktion» garantiere. Mehrere Varianten seien zur Diskussion gestanden, unter anderem auch die Einstellung des «Bundes». «Weitere Diskussionen wird es erst geben, wenn sich die wirtschaftliche Lage erheblich verschlechtert», sagte Spörri.
Somit gibt es weiterhin zwei Zeitungen für die Berner Leser, jedoch nur ein Angebot auf dem Werbemarkt. «Ab Januar 2004 gibt es den Bund im Anzeigenmarkt nicht mehr», erklärte Otto Meier, Generaldirektor der Publicitas (Publigroupe) auf Anfrage des Klein Reports. «Bisher wurde der Bund in Exklusiv-Regie von der Publicitas betreut, die BZ vermarktet sich in Eigenregie.» Die Publicitas habe jedoch mit der Espace Media Groupe eine «enge und langfristige Kooperationsvereinbarung über die Vermarktung des neuen Anzeigenteils getroffen», so Meier. Dank dem neuen Modell erhofft man sich ab dem ersten Jahr schwarze Zahlen, so Beat Lauber, Leiter Regionalzeitungen der NZZ-Gruppe, in NZZ online.
Die neuen Besitzverhältnisse der Bund Verlags AG sehen wie folgt aus: Die NZZ-Gruppe und Espace Media Groupe besitzen je 40%, die restlichen 20% verbleiben wie bis anhin in den Händen der Publigroupe. Ulrich Zimmerli, Verwaltungsratspräsident der Bund Verlag AG (BVA), tritt mit der Neuorganisation zurück. Der neue Verwaltungsrat wird den Beteiligungsverhältnissen entsprechend zusammengesetzt. Das Präsidium soll auf Vorschlag der NZZ-Gruppe mit einer unabhängigen Berner Persönlichkeit besetzt werden, wie NZZ online am Freitag schrieb. Die «Berner Zeitung» gehört zu 51% der Espace Media Groupe und zu 49% der Tamedia. Siehe auch: Espace Media Groupe in Verhandlungen für «Bund»
Freitag
25.07.2003