Die Konzerthäuser sind geschlossen. Der Einzelhandel ist geöffnet. Das findet eine Gruppe von prominenten Musikern in Bayern nicht mehr gerecht. Die Ungleichbehandlung verstosse gegen das Grundrecht der Kunstfreiheit. Jetzt gehen die Musikerinnen und Musiker juristisch gegen die Regierung vor.
Nach einer Popularklage am Bayerischen Verfassungsgerichtshof hat die Initiative «Aufstehen für die Kunst» am Montag auch einen Eilantrag beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof gegen das pauschale Konzert- und Aufführungsverbot eingebracht. Der Antrag wurde von 23 Künstlern gestellt, darunter Opernsänger Wolfgang Ablinger-Sperrhacke, Dirigent Hansjörg Albrecht und Sängerin Marlis Petersen, wie die «Süddeutsche Zeitung» berichtet.
Nach offizieller Mitteilung der Antragsteller erfolgte die Einlegung des Rechtsmittels stellvertretend für die von den Theater-, Opern- und Konzerthausschliessungen betroffenen Künstler, insbesondere an der Bayerischen Staatsoper und dem Kulturzentrum Gasteig. Dieses gilt mit 2‘572 Sitzplätzen als eines der grössten in Europa und ist der Sitz der Münchner Philharmoniker sowie der Hochschule für Musik und Theater.
Nach Meinung der Antragsteller führt die am 25. März bekannt gemachte Änderung der 12. Bayerischen Infektionsschutzmassnahmenverordnung die «systematische Hintanstellung der Darstellenden Kunst» fort und baue sie sogar aus.
Umgekehrt seien Teile des nicht lebensnotwendigen Einzelhandels, Friseure und bestimmte körpernahe Dienstleistungen «inzidenzunabhängig» geöffnet worden, der Rest des Einzelhandels sowie Museen bis zu einer Inzidenz von 100.
Die Kunstschaffenden monieren weiter, dass vom 12. April an sogar weitere Beschränkungen für den Einzelhandel aufgehoben werden sollen und das Einkaufen mit Terminbuchung bis zu einer Inzidenz von 200 gestattet werden. Für Theater und Konzerthäuser gelte jedoch, dass die Inzidenz stabil oder sogar rückläufig sein müsse.
Die Musikschaffenden ziehen auch den Vergleich zu den Kirchen. Dort hätten Religionsgemeinschaften auf das Grundrecht der Religionsfreiheit gepocht und die Aussetzung von Präsenzgottesdiensten zu Ostern 2021 einmütig abgelehnt, «obwohl sie keine mit Theatern, Opern- und Konzerthäusern vergleichbaren Belüftungssysteme aufweisen, die wissenschaftlich als das entscheidende Kriterium für die Risikoeinschätzung bei vergleichbaren Hygienekonzepten gelten».
Die Antragsteller haben dem Eilantrag mehrere Fachstudien hinzugefügt, die wissenschaftlich begründen können, warum das Risiko des schon geöffneten Einzelhandels «mindestens doppelt so hoch, das in Schulen mindestens fünfmal so hoch» sei wie in einem Konzertsaal oder Theater.