Am Freitagmorgen war der Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts zugunsten von Radio 1 und gegen Radio Energy ein Hauptthema am Verlegerkongress in Interlaken. Verleger-Verbandspräsident Hanspeter Lebrument sagte, der Gerichtsentscheid sei «das erste Medienverbot der Schweiz», das ihm «schwer auf den Magen geschlagen» habe. Er selbst steht mit seinem Radio Grischa auch in einem pendenten Verfahren gegen den geplanten Sender Radio Südost von Roger Schawinski.
Michael Ringier vom gleichnamigen Medienkonzern, der 51 Prozent an Radio Energy hält, sagte am Freitagmorgen am Verlegerkongress, er habe mit dem Entscheid gerechnet. «Er ist aus einer anderen Welt», kritisierte er. Für den Sender sieht er schwarz: «Wahrscheinlich müssen wir ein erfolgreiches Unternehmen mit 60 Mitarbeitenden einstellen.»
Urs Lorenz, Geschäftsführer der Zürisee Werbe AG, zeigte sich in einer Mitteilung vom Freitag hingegen «sehr erfreut» über den Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts. Damit könne Radio Zürisee seine neue Konzession fast zwei Jahre nach Einreichung seines Konzessionsgesuchs endlich umsetzen; eine lange und schwierige Zeit der Unsicherheit gehe zu Ende.
Ihr Bedauern über den Entscheid drückte hingegen die Gewerkschaft Schweizer Syndikat Medienschaffender SSM in einer Mitteilung vom Freitag aus. Zur Sicherung der Arbeitsplätze müsse eine UKW-Übergangslösung gefunden werden bis Radio Energy Zürich auf DAB+ weiter senden kann, fordert die Gewerkschaft. Das SSM fordert alle Beteiligten auf, rasch Hand für die Übergangslösung zu bieten.
Der neueste Entscheid im Kampf um die Konzessionen sei ein weiteres zu beklagendes Resultat einer missglückten Konzessionsvergabe, meint die Gewerkschaft weiter. Trotz vordergründig klaren Spielregeln sei die Interpretation und Bewertung der verschiedenen Konzessionsgesuche oftmals intransparent, was entsprechende Rekurse zur Folge gehabt habe. Aus Sicht des SSM wurden den Anliegen der Beschäftigten bei den Kriterien zu wenig Gewicht beigemessen und zum Teil sehr fragwürdig bewertet. «Wenigstens jetzt, in Zeiten der Krise, in der auch die Medien stark betroffen sind, muss das BAKOM bzw. das UVEK die Angestellten schützen und rasch Hand bieten für die angestrebte Übergangslösung.»
Für den Medienrechtler Urs Saxer, Anwalt bei der Zürcher Kanzlei Steinbrüchel und Hüssy sowie Professor an der Universität Zürich, ist der Entscheid im Resultat «keine Überraschung». «Das Konzessionsverfahren war klar, und alle Beteiligten wussten, worum es ging», sagte Saxer, der in dem Verfahren am Rande als Anwalt beteiligt war, aber weder Radio 1 noch Energy beraten oder vertreten hat, am Freitag gegenüber dem Klein Report. «Es ist auch völlig verfehlt, hier von Zensur und Medienverboten zu reden.»
Radio Energy habe unter anderem deshalb verloren, weil das Bundesverwaltungsgericht generell zurückhaltend sei bei der Beurteilung technischer Fragen. «Nur schon deswegen hatten viele Argumente von Radio Energy keine echte Chance.» Im Zusammenhang mit der Beurteilung der Verbreitung beziehungsweise des Verbreitungskonzepts wäre vielleicht eine andere Würdigung denkbar gewesen, meinte Saxer weiter. «Hier hatte Radio Energy im Konzessionsgesuch eigentlich die klar besseren Unterlagen geliefert als Radio 1. Das UVEK war indes der Meinung, es bestehe diesbezüglich aus technischen Gründen kein echter Gestaltungsspielraum, und ging bei diesem Punkt einfach davon aus, dass beide Bewerbungen gleich gut seien. Dies hat das Gericht zwar akzeptiert, aber zugleich das BAKOM aufgefordert, zukünftig in den Ausschreibungen von neuen Konzessionen die Bedeutung der Verbreitung klarer zu umschreiben.»
Letztlich habe Radio 1 die Konzession erhalten, weil es unabhängiger sei als Radio Energy, das zu Ringier gehört. Dies hat das Gericht zum Schutz der Meinungsvielfalt aus Sicht von Saxer mit Recht geschützt.
Freitag
18.09.2009



