«Skandalös», «geschmacklos und verletzend» taxiert der Historiker Jean-Francois Bergier das Cover von Stuart Eizenstats Buch («Imperfect Justice») über die Schweiz und die Nazi-Goldgeschäfte. Sein Kollege Georg Kreis beurteilt das umstrittene Bild aber als «sachlich richtig». Dieses zeigt Goldbarren, zu einem Hakenzkreuz geformt, auf einem Schweizer Kreuz liegend. «Dieser Link suggeriert, dass die Schweiz im Zweiten Weltkrieg Komplizin der Nazis war. Das ist nicht nur vollkommen falsch, sondern schlicht und einfach eine Ungeheuerlichkeit», erklärte dagegen Bergier, der ehemalige Vorsitzende der Expertenkommission Schweiz-Zweiter Weltkrieg, gegenüber dem «Blick». «Die Fahne ist ein Symbol für das Volk. Und das Volk hat mit den Geschäften der Nationalbank nichts zu tun», unterstreicht Bergier im «Tages-Anzeiger». Die unbedachten Goldgeschäfte der Nationalbank mit den Nazis seien sicher ein Fehler gewesen. «Aber es war kein Akzeptieren des Nazi-Regimes. Ein Akt der Unterwerfung, wie dieses Buch-Cover suggeriert, war es nicht.»
Für Georg Kreis, der in Bergiers Historiker-Kommission mitgearbeitet hatte, ist dagegen die Darstellung auf dem Buchumschlag «sachlich richtig. Das Gold ist eindeutig als Nazi-Gold symbolisiert. Dass es mit dem Schweizer Kreuz in Verbindung gebracht wird, ist eine historische Tatsache», so Kreis ebenfalls im «Tages-Anzeiger». Und fügt hinzu: «Statt sich über den Deckel eines Buches zu ärgern, das noch niemand gelesen hat, sollte man darüber nachdenken, dass unsere Nationalbank (...) bedenkenlos Nazi-Gold gewaschen hat.»
Auch der frühere Botschafter Thomas Borer, der die Task-Force Schweiz-Zweiter Weltkrieg geleitet hatte, kritisierte Eizenstat. Er warnte aber in der Westschweizer Zeitung «Le Matin», die Bemühungen der Schweiz, über ihre Botschaft in Washington gegen den Ex-Unterstaatssekretär vorzugehen, seien wenig erfolgversprechend. Eizenstat arbeite für eine Gruppe amerikanischer Rechtsanwälte, die in den USA die Interessen einer Schweizer Grossbank verträten. Hier gelte es, den Hebel anzusetzen.
Der Schweizerische Israelitische Gemeindebund (SIG) zeigte sich schockiert über das Umschlagbild, «dies um so mehr, als der Autor ja der Schweiz für die Art, wie sie das Problem der nachrichtenlosen Vermögen gelöst hat, seine Anerkennung aussprach». Das Bild verletze die «Gefühle aller Schweizerinnen und Schweizer und vor allem jene der Jüdinnen und Juden dieses Landes, welche schon allzu oft unter der Gleichung Juden = Geld gelitten haben», schreibt der SIG.
Für die deutsche Ausgabe wird der Buchumschlag abgeändert: Das ursprüngliche Titelbild werde durch einen schwarzen Schriftzug vor einem roten Hintergrund ersetzt, sagte Margit Schönberger, Sprecherin der Münchner Bertelsmann Verlage, am Montag gegenüber Schweizer Radio DRS. Mehr dazu: Eizenstat rechtfertigt sich und Hakenkreuz aus Goldbarren auf Schweizer Fahne
Montag
16.12.2002