Zahlbare Mieten für schöne Wohnungen an besten Lagen. Die Quadratur des Kreises liegt in Zürich ab sofort in neuen Händen – in denjenigen von Philippe Koch. Der Professor für Stadtpolitik und Urbane Prozesse liebäugelt mit Enteignung als Lösung für die Wohnkrise.
Die Stadt Zürich hat sich ein ambitiöses Ziel gesetzt. Bis im Jahr 2050 soll ein Drittel aller Wohnungen gemeinnützig sein – also von einer gemeinnützigen Bauvereinigung vermietet werden. Auf dem Weg dorthin vergrösserte sie die Verwaltung um eine neue Stelle – um diejenige des «Delegierten Wohnen».
Der Mann, der dieses komplexe Thema in den Griff bekommen und günstigen Wohnraum für alle schaffen soll, heisst Philippe Koch. Der 47-Jährige doziert derzeit als Professor an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften im Departement für Architektur, Gestaltung und Bauingenieurwesen zu den Themen «Stadtpolitik und urbane Prozesse».
Der «Tages Anzeiger» schreibt zu seiner Ernennung: «Der Delegierte soll die Debatte zum Thema auf sämtlichen politischen Ebenen aktiv führen und prägen und die Wohnpolitik des Stadtrates vorantreiben.» Seine Legitimation nimmt Koch aus diversen Forschungsprojekten – darunter eines, wie sich die Zürcher Stadtplanung unter der (mit ihm nicht verwandten) früheren Stadträtin Ursula Koch («Zürich ist gebaut») entwickelt hat.
Vor allem entspricht er mit seiner linksgelagerten Gesinnung exakt den politischen Ansprüchen des Stadtrats. Dies drückt er beispielsweise als regelmässiger Autor der «Wochenzeitung» (WOZ) aus. So machte er sich vor einigen Jahren gegen die Entpolitisierung von Hausbesetzungen stark und schrieb: «Müssen wir uns also damit abfinden, dass Besetzungen nun nichts weiter sind als Partylokale anderer Art, zwar mit lauter Musik, aber ohne Mehrwertsteuer und Security?»
Die «Neue Zürcher Zeitung» hat sich ebenfalls auf Spurensuche gemacht und stiess auf einen Auftritt Kochs im vergangenen Herbst an einem Anlass der Plattform «Tsüri». Thema der Veranstaltung war die Wohnungskrise. Kochs Lösungsansatz: Bau- und Bodenrecht sollen entkoppelt werden. Das heisst, Bodeneigentümer könnten weiterhin bauen, aber nicht mehr «mit dem Boden als ökonomischem Fundament». Als Vergleich zieht Koch das Wasser bei. Dieses gehöre dem Staat, werde aber von Privaten genutzt. Die Quintessenz ihrer Einschätzung liefert die NZZ im Titel des Textes: «Ein Wissenschaftler, der mit Enteignungen als Lösung für die ‘Wohnkrise’ liebäugelt, soll Zürichs Wohnproblem in den Griff bekommen».
In der Einschätzung von Stadtpräsidentin Corine Mauch tönt dies freilich anders. Koch, der sich gegen 24 Bewerberinnen und Bewerber durchsetzte, habe im Bewerbungsverfahren fachlich, methodisch und kommunikativ überzeugt und sei eine interessierte, überlegte und strategisch denkende Persönlichkeit. Zudem habe er gezeigt, «dass er die verschiedenen Perspektiven im Bereich Wohnen ernst nimmt und unterschiedliche Sichtweisen gut integrieren kann».
Selber will sich Philippe Koch noch nicht äussern. Dies sei erst legitim, wenn er den neuen Posten angetreten habe – am 1. Januar 2025. Wir warten gespannt.