Ecuadors seit 2013 bestehende Medienaufsichtsbehörde hat den Karikaturisten Xavier Bonilla aufgefordert, eine Berichtigung zu einer angeblich verleumderischen Karikatur zu veröffentlichen, und verhängte eine Geldstrafe gegen die Zeitung «El Universo», in der die Darstellung erschienen war. Die Organisation Reporter ohne Grenzen (ROG) verurteilte das Vorgehen als «besorgniserregenden Präzedenzfall» für die Anwendung des neuen Mediengesetzes.
In seiner am 28. Dezember veröffentlichten Karikatur kritisierte Bonilla eine Razzia im Haus des Journalisten Fernando Villavicencio, bei der die Polizei Computer und Unterlagen beschlagnahmte. Villavicencio, der auch Berater eines Oppositionspolitikers ist, hatte über Korruptionsvorwürfe gegen die Regierung recherchiert und berichtet.
Die Medienaufsicht begann ihre Ermittlungen gegen Bonilla und «El Universo», nachdem Präsident Rafael Correa den Karikaturisten als «Mörder mit der Feder» bezeichnet hatte. Der Leiter der Behörde beschuldigte Bonilla, seine Darstellung stigmatisiere und delegitimiere das Vorgehen der Behörden und versuche, ein irreführendes Bild zu verbreiten.
Der Präsident des Nationalen Journalistenverbands von Ecuador, Vicente Ordonez, warf seinerseits der Medienaufsicht vor, mit ihrem Vorgehen in dem Fall erhebe sie «Zensur zum Standard der Medienpolitik». Aus Furcht vor Repressalien würden sich Journalisten künftig sehr genau überlegen, was sie veröffentlichen.
Das ecuadorianische Parlament hatte am 14. Juni 2013 mit grosser Mehrheit das seit 2009 diskutierte Mediengesetz verabschiedet. Dieses verbietet zwar auf dem Papier jede Vorabzensur (Artikel 18) und garantiert Journalisten Vertraulichkeit sowie Quellenschutz (Artikel 39 bis 41). Zugleich definiert es jedoch in Artikel 22 ein Recht auf «verifizierte, ausgewogene, präzise und kontextualisierte» Information über Angelegenheiten von öffentlichem Interesse.
Beobachter kritisieren, dass solche einschränkenden Bestimmungen zur Informationsfreiheit geeignet sind, Zensur zu rechtfertigen. Zu den problematischen Aspekten des neuen Gesetzes wird auch das Verbot der «medialen Lynchjustiz» (Artikel 26) gezählt, das Berichte über Korruption oder Behördenversagen zukünftig unter Strafe stellen könnte.
Seit seinem Amtsantritt 2007 betreibe Correa eine systematische Kampagne gegen private Nachrichtenmedien, denen er die Verschmelzung von Journalismus und Geschäftsinteressen vorwerfe, schreibt ROG. Regierungsmitglieder dürften auf Anweisung des Präsidenten keine Interviews an Privatmedien geben. Ein Verbot der «Wahlpropaganda» unter Androhung hoher Strafen befördere die Selbstzensur.
Ecuador steht in der aktuellen Rangliste der Pressefreiheit auf Platz 119 von 179 Staaten.




