Als Reaktion auf die Echo-Preisvergabe an die Rapper Kollegah und Farid Bang haben mehrere Musiker ihre Trophäen zurückgeben. Der verantwortliche Preisverleiher versteckt sich hinter der Arithmetik der Verkaufszahlen. Und will das Wahlprozedere überdenken.
Der Echo-Preis des deutschen Bundesverbands Musikindustrie ist ein «Publikumspreis»: «Das war stets die DNA des Echo», beteuerte der deutsche Bundesverband Musikindustrie am Montagabend in einem «Statement», nachdem seit der Wahlgala vom Donnerstag heftig über die Kür debattiert wird (der Klein Report berichtete).
Im Unterschied zu der Jazz- und Klassik-Auszeichnung, die von einer Jury vergeben werden, richtet sich die Verleihung der Echo-Trophäe nach den «Verkaufszahlen», machte der verantwortliche Preisverleiher klar, was er unter «Publikumspreis» genau versteht.
Allerdings hat auch bei diesem, am kommerziellen Erfolg gemessenen Preis sehr wohl eine Jury die Hände mit im Spiel: Aus den Shortlists, die mit den erfolgreichsten Songs der Charts «automatisch» zusammengestellt werden, wählen in einem zweiten Schritt die Juroren ihre Favoriten aus.
Die Berufung auf die Arithmetik der Absatzzahlen, hinter denen sich der Verband in dem Statement etwas zu verstecken sucht, greift zu kurz. Mit der «Fachjury», die ihre Stimmen mit auf die Goldwaage legt, hätte bei der Kür der Skandal-Rapper Farid Bang und Kollegah eigentlich genügend ästhetisches Gespür und ethisches Gewissen mit im Spiel sein können.
«Chartpositionen und Fachjurystimmen wurden gleichberechtigt addiert und so der Gewinner ermittelt», sagte der Veranstalter in dem Statement dazu.
Nachdem es seit Tagen Kritik gehagelt hatte, signalisierte der Preisverleiher am Montag, das Wahlprozedere zu überdenken: Man werde es «nach den Erfahrungen aus diesem Jahr, die uns getroffen und erschüttert haben, in allen Details umfassend analysieren, entsprechende Konsequenzen daraus ziehen und ein neues, solides Fundament schaffen», gibt sich der Verband nun vorsichtig reformwillig.
Inzwischen haben verschiedene ehemalige Echo-Gewinner ihre Trophäen zurückgegeben. Darunter zum Beispiel der deutsch-russische Pianist Igor Levit. Am Montagabend twitterte er: Die Vergabe des Echo an Kollegah und Farid Bang sei ein «vollkommen verantwortungsloser, unfassbarer Fehltritt der Echo-Jury. Antisemitischen Parolen eine solche Plattform und Auszeichnung zu geben, ist unerträglich.»
Und das junge Notos Quartett, das seinen 2017 gewonnenen Klassik-Echo ebenfalls an den Absender retourniert hat, schrieb in einer Erklärung: «Über die Entscheidung der Verantwortlichen, antisemitisches und menschenverachtendes Gedankengut sowie die Verhöhnung von Opfern des Holocaust mit einem Preis zu würdigen, sind wir zutiefst erschüttert.»
Auch Marius-Müller Westernhagen kündigte am Dienstag über Facebook an, alle seine sieben Echo-Auszeichnungen zurückzugeben: «Es geht im Kern um den Zerfall einer kultivierten Gesellschaft, der zunehmend der innere moralische Kompass abhanden kommt, und dem sehen wir schon viel zu lange zu, ohne genügend Widerstand zu bieten.»