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Sonntag
22.10.2017

Werbung

Grosser Aufruhr in der Europäischen Digital-Werbewirtschaft: Nach einem Entscheid des Ausschusses des Europäischen Parlaments für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) gehen gleich mehrere Verbände auf die Barrikaden. Sie befürchten, dass zielgruppenorientierte Werbung im Internet künftig nicht mehr möglich ist, und glauben, dass dies das Ende für Gratisinhalte, die über Werbung finanziert werden, einläuten würde.

Der federführende Ausschuss des Europäischen Parlaments hat sich am Donnerstag nämlich für einen verschärften Datenschutz in Europa ausgesprochen und einem Entwurf zur Neuregelung einer E-Privacy-Verordnung mit knapper Mehrheit zugestimmt.

Darin ist unter anderem vorgesehen, dass Webseitenbetreiber künftig Cookies nur noch dann einsetzen dürfen, wenn sie eine explizite Erlaubnis des Nutzers erhalten. Auch ein Verbot für sogenannte «Tracking-Walls» ist vorgesehen: Damit müssten beispielsweise Medienhäuser den Nutzern ihre Gratisinhalte selbst dann zugänglich machen, wenn User einem Einsatz von Cookies nicht zustimmen wollen.

Der deutsche Verband Privater Rundfunk- und Telemedien (VPRT) befürchtet im Zusammenhang mit der Vorlage einschneidende Konsequenzen und sprach deshalb am Donnerstag vom «Aus für die Reichweitenmessung und damit für die verlässliche Werbewährung». Der aktuelle Vorschlag verhindere eine Zielgruppenbildung für Werbung im Internet, heisst es in einer Stellungnahme des Verbandes, und schaffe so einen «massiven Wettbewerbsvorteil» für Log-in-Giganten wie Facebook, Amazon oder Google.

Von einem «fundamentalen Einschnitt» in die Funktionsweisen digitaler Netzangebote sprach zudem auch Thomas Duhr, Vizepräsident des Bundesverbands Digitale Wirtschaft (BVDW), in einer Reaktion auf die Abstimmung im LIBE-Ausschuss: «Sämtliche Dienste der Informationsgesellschaft sind betroffen, die Finanzierung kostenfreier Inhalte im Internet wird nicht mehr oder nur mit unverhältnismässig hohem Aufwand möglich sein», mahnte Duhr.

Demnach würden kostenfreie Internetangebote entweder kostenpflichtig oder sonst mangels Finanzierungsgrundlage sogar ganz verschwinden. So kritisierte auch das Interactive Advertising Bureau (IAB) Europe den Entscheid des Ausschusses. Zur Verschärfung des Datenschutzes werde die Medienfreiheit geopfert, so IAB Europe.

Die Verbände hoffen, dass der aktuelle Entwurf noch gekippt wird. Denn als nächstes stimmen das EU-Parlament und danach der Europäische Rat über den Verordnungsentwurf zur E-Privacy-Verordnung ab.