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Freitag
20.09.2013

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Am kommenden Sonntag wählen die deutschen Wählerinnen und Wähler einen neuen Bundestag. Der Wahlkampf ist lau. Die CDU thematisiert die Kanzlerin. Die SPD ebenfalls. Die FDP thematisiert sich selber. Die Grünen thematisieren das «Du». Die meisten Wahlplakate sind ziemlich dümmlich. Für den Klein Report kommentiert Roger Blum.

Die deutschen Parteien verfügen über ganz adrette Websites. Und auch ihre Wahlwerbespots für das Fernsehen sind recht gut gelungen. Aber was man in Deutschland auf der Strasse sieht, spottet jeder Beschreibung: Die in den Städten etwa im Abstand von fünf Metern postierten Wahlplakate sind eine Beleidigung für das Auge und für den Verstand.

Die CDU plakatiert: «Kanzlerin für Deutschland» und «Gemeinsam erfolgreich». Aber auf den Plakaten sieht man eigentlich nur Bundeskanzlerin Angela Merkel. Mit wem will sie gemeinsam erfolgreich sein? Mit der serbelnden FDP? Mit der chancenlosen SPD? Mit dem Volk, das sich zu einem schönen Teil nicht für Politik interessiert? Man bleibt ratlos.

Die SPD propagiert: «Das WIR entscheidet». Wer ist eigentlich das WIR? Ein Nagetier? Ein Insekt? Ein Geist? Und wenn tatsächlich das WIR entscheidet, warum sollen denn Millionen Deutsche noch zur Wahl gehen? Man bleibt ratlos. Andere Plakate der SPD zeigen die Kanzlerin und stellen einzelne ihrer Taten infrage: Letztlich Gratiswerbung für Angela Merkel und die CDU.

Die FDP thematisiert sich selber, insbesondere jetzt, nach dem Debakel bei der Bayern-Wahl, wo sie den Einzug in den Landtag nicht mehr schaffte. Sie fordert auf dem einen Plakat: «Starke Mitte», und meint damit sich selber, und auf dem anderen: «Die Mitte entlasten». Was heisst das? Ruft die FDP damit dazu auf, sie nicht zu wählen? Man bleibt ratlos.

Die Grünen warten mit einer Du-Kampagne auf. Da liest man beispielsweise auf einem Plakat: «Meine Mudda wird Chef. Und DU?» Ich reagiere irritiert: Nein, ich werde nicht Chef, und wenn ich irgendwo Chef bin, dann bin ich keine Mutter. Das funktioniert schon biologisch nicht. Was also bitte wollen die Grünen uns sagen? Man bleibt ratlos.

Argumentativ gute Kampagnen, die sich auch auf den Wahlplakaten widerspiegeln, führen eigentlich nur die Piraten, die Linke, die neofaschistische NPD und die neue eurokritische «Alternative für Deutschland» (AfD). Dies bestätigt einmal mehr die Erkenntnis der kommunikationswissenschaftlichen Forschung, dass die grossen, gemässigten Parteien in Europa - im Unterschied zu den USA - in ihren Kampagnen eher säuseln und nur sehr gedämpft Position beziehen, während die Parteien auf der extremen rechten oder linken Seite deutlich ihre Meinung sagen und auch den politischen Gegner nicht schonen (im Fachjargon: Negative Campaigning).

Vorherrschend im deutschen Strassenbild sind aber die langweiligen, nichtssagenden, dümmlichen, ratlos machenden Plakate der gemässigten Parteien CDU, SPD, FDP und Grünen.