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Mittwoch
14.09.2022

Medien / Publizistik

Trumps öffentlicher Schulterklaps ist alles andere als das, was Mathias Döpfner auf dem US-Markt zurzeit gebrauchen kann...      (Bild: Wikipedia)

Trumps öffentlicher Schulterklaps ist alles andere als das, was Mathias Döpfner auf dem US-Markt zurzeit gebrauchen kann... (Bild: Wikipedia)

Zweifelhafte Ehre für Mathias Döpfner: Donald Trump hat den Springer-Verleger, der neuerdings auch in den USA Ambitionen hegt, öffentlich gelobt und sich bei ihm bedankt.

«Danke an den sehr grossartigen Mathias Döpfner», postete Trump auf seinem eigenen Kanal Truth Social. Und weiter: «Die gute Nachricht ist, wir haben gewonnen. Mit Abstand», gab der Abgewählte seine Mär von der gestohlenen Wahl einmal mehr zum Besten.

Hintergrund der Trumpschen Ehrbekundung ist ein internes E-Mail, das Döpfner kurz vor den US-Wahlen im Herbst 2020 an ein paar seiner Führungskräfte geschickt hatte. «Wollen wir alle am 3. November morgens eine Stunde in uns gehen und beten, dass Donald Trump wieder Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika wird?», schrieb der Springer-Chef damals, wie die «Washington Post» aufgedeckt hatte.

Döpfner findet, dass die amerikanische Presse zu polarisiert ist. Alte Marken wie die «New York Times» und die «Washington Post» drifteten nach links, während konservative Medien unter den Einfluss von Trumps «alternativen Fakten» gerieten. So sieht es Döpfner.

Und hier wittert er ein Geschäft. Mit der Mediengruppe Politico, die Springer 2021 übernahm, will der deutsche Verleger jenseits des Atlantik in die Marktlücke springen.

«Wir wollen beweisen, dass Unparteilichkeit tatsächlich die erfolgreichere Positionierung ist», sagte Mathias Döpfner in einem Interview mit der «Washington Post». Er nannte es seine «grösste Wette».

Genau deshalb ist der öffentliche Schulterklaps von Trump alles andere als das, was Döpfner zurzeit gebrauchen kann, findet der Klein Report. Es ramponiert den Nimbus der Neutralität, mit dem er im US-Medienmarkt Glaubwürdigkeit gewinnen und Kohle machen will. Und genau deshalb zog der Springer-Chef bei seinem einstigen «Bild»-CR Julian Reichelt womöglich auch erst dann die Reissleine, als die US-Medien die Affäre aufgriffen.

Umgekehrt ist Döpfners Loblied auf Trump für die «Washington Post» ein gefundenes Fressen, um dem selbstbewussten Mitbewerber mit den grossmundigen Ambitionen das Leben zu erschweren.

Apropos Glaubwürdigkeit: Auf das E-Mail angesprochen, antwortete Döpfner gegenüber der US-Traditionszeitung zunächst mit Verweigerung: «Es wurde nie verschickt und noch nicht einmal erdacht.»

Als ihm ein Ausdruck des Textes unterbreitet wurde, liess der Springer-Chef einen Schimmer des Erinnerns zu. Möglich sei, räumte er ein, dass er die E-Mail «als ironisches, provokatives Statement in den Kreis der Leute geschickt habe, die Donald Trump hassen». Das sei möglich.

Denn er liebe die Ironie, er liebe die Provokation. «Das könnte sein.»