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Dienstag
02.03.2010

Michael Ringier, Verwaltungsratspräsident Ringier AG, gab der hauseigenen Mitarbeiterzeitung «Domo» ein grosses Interview, das Bruno Affentranger mit ihm durchführte. Der Klein Report veröffentlicht das Gespräch des Ringier-Verlegers:

DOMO: Michael Ringier, Sie sind als Verleger angetreten. Als was möchten Sie in den nächsten paar Jahren bezeichnet werden?
Michael Ringier: Das bleibt sich gleich: als Verleger. Verleger zu sein, ist das, was mich interessiert. Die Veränderungen, die neue Technologien und die Digitalisierung mit sich bringen, können Ringier aber tatsächlich neue Geschäftsfelder eröffnen, die mit Journalismus wenig oder nichts zu tun haben. Aber der Journalismus bleibt die Basis des Geschäfts dieses Hauses.

Welchen Journalismus wird Ringier in Zukunft betreiben?
Michael Ringier: Journalismus bleibt das, was er immer gewesen ist. Er verändert sich nicht. Leute informieren, Dinge analysieren und kommentieren stehen im Mittelpunkt. Verändert haben sich nur die Mittel, die ein Medienunternehmen anwenden kann. Es ist dasselbe Geschäft wie vor 100 Jahren und sicherlich derselbe Beruf, den ich einst erlernt habe.

Das Haus Ringier verändert sich in diesen Monaten rapide. Existiert ein Bild des künftigen Medienunternehmens vor Ihrem geistigen Auge?
Michael Ringier: Nein. So funktioniere ich nicht.

Wie funktionieren Sie?
Michael Ringier: Ich hatte mit 23 oder 24 Jahren keine Ahnung, was ich werden sollte. Ich liess es geschehen. So ist es nun auch mit diesem Unternehmen.

Das kann ich nicht glauben.
Michael Ringier: Das ist in der Tat etwas überzeichnet. Lassen Sie es mich so sagen: Es ist die Stärke meiner Generation in diesem Unternehmen, dass man immer etwas unternommen hat. Wir sind bisher alle immer hoffnungsfroh vorangeschritten, ohne exakt zu wissen, was aus dem Ganzen einmal werden sollte. In aller Regel war es sinnvoll, und später ist sogar eine Strategie daraus entstanden. Ich bin ein grosser Anhänger von Zufällen. Allerdings muss man unheimlich viel tun, um Zufälle erzeugen zu können.

Zufälle und Erzeugen ist ein Widerspruch in sich.
Michael Ringier: Zufällen Platz zu geben, ist besser. Man muss unheimlich viel tun, um bereit zu sein, wenn sie sich ereignen. Und man muss sie erkennen können.

Können Sie das an einem Beispiel erklären, bitte?
Michael Ringier: Nehmen wir unser Osteuropageschäft. Als wir damit starteten, hatte niemand von uns eine 150-seitige Dokumentation mit Risiken und Chancen und Zahlenreihen. Wir sahen die Möglichkeit und gingen voran. Das war immer das Reizvolle in dieser Firma - und es ist es auch heute noch. Niemand weiss, wie unsere Firma in zehn Jahren aussehen wird. Auch Ruppert Murdoch weiss nicht, wie seine Firma dereinst sein wird. Wir tun alle dasselbe: Learning by Doing. Und: Try and Error. Sicherlich ist die heutige Situation speziell. Möglicherweise werden es nicht alle Unternehmen in unserer Branche schaffen.

Nennen Sie bitte einen guten Grund, weshalb Ringier unter den Unternehmen ist, die es schaffen.
Michael Ringier: Die Menschen, die für Ringier arbeiten. Die Menschen sind mir das Wichtigste. In einer Situation, wie wir sie derzeit erleben, sind diese Menschen noch wichtiger. Ich habe gerne Leute um mich, die das richtige Gespür für das Geschäft und für die anderen Menschen haben, und die sich in Teams gut verhalten. Wenn man solche Mitarbeitende hat, kann es nicht schiefgehen.

Sie hatten viele Wechsel in den letzten Jahren in den Führungsetagen. Steht jetzt Ihr Team?
Michael Ringier: Es war immer mein Team. Diejenigen, die in der Vergangenheit im Haus mitarbeiteten und jetzt nicht mehr dabei sind, haben ihren Anteil daran, dass wir heute gut positioniert sind. Wechsel sind in einem Haus, wie Ringier es ist, unabdingbar. Wir sind in einem nervösen Geschäft tätig. Wir lassen uns ununterbrochen auf Neues ein. Wir machen Dinge richtig, und wir begehen Fehler. Heute bin ich sehr zuversichtlich. Unsere Konzernleitung ist hervorragend aufgestellt und in einer perfekten Mischung. Es ist eine grosse Kunst, ein Team zusammenzustellen, in dem jeder etwas besser kann als der andere und in dem alle harmonieren. Ich bin deshalb ziemlich gelassen.

Verleger Ringier gibt in eigener Hauszeitung Interview, Teil 2 und 3: «Domo»-Interview Michael Ringier: «Beratung von aussen kann sinnvoll sein» und «Medien sind keine Verkaufsapparate»