Nicht schlecht staunte der Leser der «Tages-Anzeiger»-Ausgabe vom Dienstag. Auf der Frontseite las er nämlich die - richtige - Titelzeile: «Entlassung auf Kaution abgelehnt - Strauss-Kahn weiterhin in U-Haft». Wollte er sich dann im Auslandteil vertiefen, rieb sich der gleiche Leser erstaunt die Augen und musste konstatieren, dass sich auch ein altgedienter Profi wie US-Korrespondent Martin Kilian tüchtig verhauen kann.
Offenbar war der Journalist so von Promi-Anwalt Benjamin Brafman angetan, dass er auf Seite 7 den Satz schrieb: «Der Direktor des Internationalen Währungsfonds (IWF), dem die New Yorker Staatsanwaltschaft versuchte Vergewaltigung sowie Freiheitsberaubung vorwirft, kam am Montag auf Kaution frei.» Dummerweise hatte die Richterin aber dem Antrag der Staatsanwaltschaft stattgegeben und Untersuchungshaft verfügt. Deshalb beginnt der Artikel des gleichen Autors auf der Frontseite mit dem Satz: «Dominique Strauss-Kahn muss vorerst im Gefängnis bleiben.»
Durch die Vernetzung der Tamedia-Medienangebote vervielfachte sich der Irrtum gar noch. So war er ebenfalls in der Dienstagsausgabe der Berner Tageszeitung «Der Bund» auf Seite 3 zu finden. Wie ein Fehler auch virtuell Junge bekommt, zeigte sich schliesslich auf den diversen Seiten des Onlinenetzwerks Newsnetz, auf denen er mehrmals publiziert wurde.