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Dienstag
09.06.2020

Marketing / PR

Das Cover zum Dior-Kochbuch, mit Illustrationen von René Gruau. (zVg)

Das Cover zum Dior-Kochbuch, mit Illustrationen von René Gruau. (zVg)

Was haben eine kalte Gurkensuppe oder pochierte Eier à la Pompadour mit einem Ballkleid zu tun? Oder «Stuffed chicken with fromage blanc» mit einer Handtasche?

Hochglanzanzeigen werden durch Content ersetzt, heisst des Rätsels Lösung beim Luxuslabel Dior. In Zeiten, wo in Paris die grossen Boulevards mit den schönen Läden leergefegt sind und die Menschen andere Sorgen als die davongelaufene Frühlingsmode haben, ist Werbung für Mode keine leichte Aufgabe. Luxusmarken wie Dior versuchen deshalb, ihre Kunden statt mit Modetipps zum Beispiel mit Kochrezepten bei der Stange zu halten.

Für diese «Taylor made Cuisine» wird auf das Kochbuch des 1957 verstorbenen Modedesigners Christian Dior zurückgegriffen. Die nur noch vereinzelt kursierenden Originalausgaben finden sich im Antiquariat für inzwischen – ganz Dior-Stil – 600 bis über 1000 Euro.

Mit einer geschickt gestreuten Charme-Offensive im PR-Bereich wird das Buch jetzt aber zum Gratisdownload über https://diorpress.com/la_cuisine_cousu-main/ auch einem breiteren Kundenstamm schmackhaft gemacht.

Das Kochbuch ist illustriert von René Gruau. Der 2004 verstorbene Zeichner hat einige der berühmtesten Dior-Parfümanzeigen gestaltet. Als Probekoch der Rezepte fungierte damals Michel Guérard, ein hochdekorierter Gründervater der Nouvelle Cuisine.

Die Idee mit dem Kochbuch stammt aus einer cleveren Kreativküche, denn vermutlich zerbrechen sich die meisten derzeit zwischen Homeoffice und Jogging mehr den Kopf darüber, was es als Nächstes zu essen geben soll, als darüber, ob sie eine neue Handtasche brauchen.

Es ist nicht die einzige Initiative, mit der das französische Modehaus Werbung durch sympathischen Content ersetzt. Das Unternehmen hat auch ein kostenloses Malbuch zum Herunterladen herausgebracht. In einem Podcast «Dior-Talks» werden Themen aus Kunst und Feminismus diskutiert. Zwei Anliegen, die der Dior-Kreativchefin Maria Grazia Chiuri schon länger medienwirksam am Herzen liegen.

In der Fachwelt wird diese Art der Kommunikation mit Interesse verfolgt. Benjamin Simmenauer, Professor am Institut Français de la Mode in Paris, ein Philosoph und Experte für Markenstrategien, meint: «Marken versuchen schon seit einiger Zeit, Inhalte zu schaffen, die über die reine Promotion ihrer Produkte hinausgehen. Die Krise hat diese Strategie aber noch verstärkt. Zum einen gab es aufgrund der Lockdown-Situation schlichtweg wenig Neues zu zeigen. Zum anderen kann man nicht einfach so tun, als sei nichts gewesen und seelenruhig weiter die Werbekampagne der letzten Kollektion präsentieren.»

Gerade die Millenials erwarten von einer Marke heutzutage nämlich mehr als nur hübsche Kleider und das Versprechen von Glamour. Es gelten progressivere Wertmassstäbe.

Modehäuser stehen also vor der Herausforderung, den Bezug zu ihren Kunden zu halten, ohne dabei gleichgültig zu wirken. Am Anfang der Krise hat man das noch über ein Engagement im Kampf gegen Covid-19 machen können. Inzwischen haben das alle gemacht. Kulturelle Angebote wie diejenigen von Dior haben nun den Vorteil, dass man sich dadurch klar von den anderen abheben kann.