Bei der Migros läuft es nicht mehr rund: Interio-CEO Reto Waidacher (51) wechselt innerhalb des Konzerns vom schlingernden Möbelhaus zum Warenhaus Globus. Als General Merchandising Manager wird er per 1. Mai unter anderem die beiden Einkaufsabteilungen Food und Non-Food, die zusammengelegt werden, führen.
Dieter Berninghaus (51) wiederum, der seit 2008 das Departement Handel mit 13 Firmen leitet, hat am Freitag angekündigt, den orangen Riesen zu verlassen und sich selbständig zu machen.
Berninghaus ist Handelschef, aber auch für den digitalen Bereich verantwortlich. Der gewiefte Selbstdarsteller, der mit 38 Jahren Chef des deutschen Handelskonzerns REWE war, dann fulminant abstürzte, fand in der Schweiz eine neue Heimat.
Gegenüber dem «SonntagsBlick» darf sich der Marketingmanager auf die Frage, ob er ein sinkendes Schiff verlasse, da der Detailhandel in der Krise stecke, nochmals richtig abfeiern: «Den richtigen Zeitpunkt gibt es nicht. Aber die Migros ist hervorragend aufgestellt. Bei der Digitalisierung gehört sie zu den fünf führenden Händlern Europas. In den traditionellen Geschäftsfeldern wie Warenhaus und Möbel spüren aber auch wir die Krise. Das wird auf absehbare Zeit so bleiben. Es ist naiv zu glauben, die Krise sei in zwei oder drei Jahren vorbei.»
Und in richtiger Beratermanier gibt er der Migros für die Bereiche, für die er ja zuständig war, auch gleich die Rezepte mit auf den Weg: «Kosten senken, das Tempo erhöhen und massiv in den digitalen Umbau investieren. Die Digitalisierung ist keine kurzfristige Mode-Erscheinung, sondern ein langfristiger Trend. Wer den verpasst, bleibt auf der Strecke.»
Hier investiere die Migros auf Gruppenebene dreistellige Millionenbeträge. «Das muss auch in Zukunft der Investitionsschwerpunkt sein», so Berninghaus, der verneint, dass bei Effizienz und Tempo die genossenschaftliche Struktur eher ein Hindernis sei.
«Das ist ein beliebtes Vorurteil, aber total falsch. Die Migros hat in den letzten Jahren sehr viele Innovationen hervorgebracht – allein in meinem Departement etwa Migrolino, Digitec und Galaxus oder die Start-ups M-Way und Sharoo», jubelt der Manager, der heute einen Schweizer Pass hat und in der Schweiz nach eigenen Angaben viel gelernt habe, wie zum Beispiel, «dass man sich selbst nicht zu wichtig nehmen darf» oder die Schweiz habe ihn gelehrt, «bescheiden zu sein, den Konsens zu suchen und zuzuhören», so Berninghaus im «SonntagsBlick». Das seien in einer komplexer werdenden Welt wichtige Eigenschaften. «Die Zeit der One-Man-Shows ist vorbei», resümiert er.
«Bei der Migros arbeiten heute die besten Online-Köpfe der Schweiz. Im Vergleich zu uns fahren viele Konkurrenten Fahrrad. Wir sind dagegen im Tesla unterwegs. Aber wir sind noch lange nicht da, wo wir sein müssen», meint er bescheiden.