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Donnerstag
22.12.2022

Medien / Publizistik

«Berichterstattung über MeToo-Fälle, so heikel sie im Einzelfall auch immer sein mag, ist damit weiterhin möglich», freut man sich beim Hamburger Verlag. (Bild © Wikipedia)

«Berichterstattung über MeToo-Fälle, so heikel sie im Einzelfall auch immer sein mag, ist damit weiterhin möglich», freut man sich beim Hamburger Verlag. (Bild © Wikipedia)

Das Oberlandesgericht Hamburg hat im Streit mit dem bekannten Galeristen Johann König zu Gunsten der «Zeit» entschieden. Die deutsche Wochenzeitung hat zu Recht über den Verdacht des Machtmissbrauchs und der sexuellen Belästigung berichtet.

«Es besteht ein berechtigtes Interesse der Öffentlichkeit daran, darüber informiert zu werden, dass gegen einen bedeutenden und international tätigen Angehörigen des Kulturbetriebs der Vorwurf erhoben wird, er würde immer wieder Frauen sexuell bedrängen», heisst es in dem wegweisenden Beschluss. 

Und weiter: «Wenn denn in einem Bereich des öffentlichen Lebens eine Vielzahl von Vorwürfen solcher Art gegen eine Person laut werden, besteht daran ein Interesse der Öffentlichkeit, das über die Befriedigung blosser Neugier hinausgeht und auf die Erlangung echter Informationen gerichtet ist. Dieses Interesse zu befriedigen sind die Presse und die anderen Publikationsorgane im Grundsatz berechtigt.»

Zwar sei es richtig, dass König beispielsweise keine schweren Straftaten wie etwa eine Vergewaltigung vorgeworfen würden, argumentierten die Hamburger Richter weiter. Allerdings habe die Debatte um MeToo inzwischen «auf weite Bereiche des menschlichen Miteinanders übergegriffen und betrifft allgemein das Vorkommen sexuell unangemessenen Verhaltens insbesondere von Männern in gehobenen Positionen gegenüber Frauen und damit auch sexualisierte Verhaltensweisen, die von vielen Frauen als unangemessen empfunden werden, mögen sie auch nicht immer und durchgängig das für eine Strafverfolgung erforderliche Ausmass erreichen.» 

Mehrere Frauen hatten dem Galeristen König in der Hamburger Wochenzeitung übergriffiges Verhalten und sexuelle Belästigung vorgeworfen und dies später vor Gericht unter Eid versichert. König hatte einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung eingereicht. Das Landgericht Hamburg hatte die Berichterstattung der «Zeit» im Oktober in wesentlichen Teilen für zulässig erklärt, woraufhin König den Fall ans Oberlandesgericht weitergezogen hatte. 

In ihrem Beschluss beanstandeten die Richter nun lediglich einen weiteren Halbsatz, in dem über den Verdacht bestimmter sexueller Äusserungen gegenüber einer Frau berichtet worden war. Die «Zeit» hat diese Passage inzwischen entsprechend abgeändert. Ansonsten bestätigte das Oberlandesgericht den Beschluss des Landgerichts Hamburg. 

«Berichterstattung über MeToo-Fälle, so heikel sie im Einzelfall auch immer sein mag, ist damit weiterhin möglich. Dazu hat das Oberlandesgericht den Medien klare Richtlinien an die Hand gegeben», kommentierte der Verlag am Dienstag das Urteil.