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Dienstag
26.07.2016

Medien / Publizistik

Simon-Stauber-Touring-TCS-Klein-Report

Der Touring Club Schweiz (TCS) ist längst viel mehr als nur ein verlässlicher Partner bei einer Autopanne. Der TCS hat die neuen Zeichen der Mobilität längst erkannt und reagiert auf die veränderten Bedürfnisse seiner Mitglieder. So gab es unter anderem auch einen Relaunch der Mitgliederzeitung, die fortan als Magazin die Leserinnen und Leser unterhält und informiert.

Der Klein Report hat mit Simon Stauber, Leiter Clubleistungen beim TCS, über den Relauch und seine Folgen gesprochen. Aber auch darüber, wie man es schafft, die Jugend ins Boot zu holen, und warum man der Verlockung, im günstigeren Ausland zu drucken, widerstanden hat.

Simon Stauber, 2015 hat der «Touring» von der Zeitung aufs Magazin umgestellt. Der Erscheinungsrhythmus wurde von 20 auf zwölf Ausgaben jährlich gesenkt. Wie ist Ihr persönliches Fazit nach diesen doch sehr gewichtigen Umstellungen?
Simon Stauber: «Unseren Mitgliedern gefällt das Magazin sehr gut. Viele lesen heute den `Touring` länger und intensiver. So haben wir denn auch 121 000 Leser mehr für den `Touring` gewinnen können und dies durch alle Segmente, was uns sehr freut.»

Der «Touring» ging mit dem Magazin auch auf das veränderte Leseverhalten ein: Texte sollen kürzer sein und auch das Visuelle muss stimmen. Haben Sie diese hochgesteckten Ziele erreicht?
Stauber: «Was mich besonders freut ist, dass wir den neuen `Touring` mit dem bestehenden Team erreicht haben: Die Redaktoren unter der Leitung von Chefredaktor Felix Maurhofer haben am MAZ gelernt, wie Magazinjournalismus geht. Storytelling steht nun im Vordergrund. Ideen werden schon ganz am Anfang mit dem Art Director diskutiert.»

Der «Touring» kommt seither viel frischer, jünger und weiblicher daher. Deckt sich das auch mit den Vorstellungen des Verlags?
Stauber: «Klar, vor allem das Cover für die Reifentests war ein Hit, der viele positive Reaktionen ausgelöst hat. Frauen machen die Hälfte unserer Zielgruppe aus. Es gibt keinen Grund, Informationen langweilig zu präsentieren. Felix und sein Team schaffen es, dass auch technische und komplexe politische Themen einfach, klar und verständlich werden. Wir sehen auch, dass wir gerade bei den 15- bis 29-Jährigen massiv zulegen konnten. Für die Jüngsten haben wir in jeder Ausgabe eine Doppelseite mit Spielen drin.»

Wie war das Echo die Leser und Leserinnen auf das neue Erscheinungsbild?
Stauber: «Durchwegs positiv. Der `Touring` differenziert sich stark von anderen Publikationen: 59 Prozent der Mitglieder sagen, dass sich der `Touring` mit keiner anderen Zeitschrift vergleichen lässt. Er trifft den Zeitgeist.»

Wie haben die Kunden respektive Inserenten auf die Umstellung reagiert? 
Stauber: «Die Kunden haben positiv reagiert: Ein wertigeres Produkt mit besseren Leistungswerten zum gleichen Preis - damit haben wir die bestehenden Kunden halten können. Mittlerweile haben wir auch gute wichtige Brands gewinnen können, die ihre Marke in einem guten ansprechenden Umfeld sehen wollen. Den Preis werden wir bald der besseren Qualität und den besseren Leistungswerten anpassen müssen.»

Umstellungen kosten immer viel Geld und Nerven. Aber nicht nur das. Sie kann Inserenten durchaus auch abschrecken. So hat zum Beispiel der Hauseigentümerverband Schweiz 2007 aus diesem Grund auf eine Umstellung aufs Magazin verzichtet. Haben Sie die Umstellung nie bereut?
Stauber: «Der `Touring` ist das Stiefkind der Planer. Obwohl er zuoberst im MACH-Lauf erscheint, wird er gerne herausgestrichen. Dies müssen wir ändern: Unsere Mitglieder kommen aus allen Schichten, reisen überdurchschnittlich viel, konsumieren gerne und das Wichtigste: Sie bezahlen ihre Rechnungen pünktlich. Und wir erreichen einen Fünftel aller Haushalte in der Schweiz. Trotz der Verkürzung der Periodizität von 20 auf zwölf haben wir die Erträge im Vergleich zu den Vorjahren steigern können.»

Publikationen müssen, wenn sie langfristig überleben wollen, auch die Jugend ins Boot holen. Wie gelingt das dem TCS, wo heute kaum ein Jugendlicher mehr ein Auto kauft, sondern sich für Carsharing wie Mobility entscheidet?
Stauber: «Die Zeit, in welcher man sich über den Autobesitz identifiziert hat, ist vorbei. Dies ist nicht nur unter den Jungen so, sondern zieht sich heute durch alle Segmente. Den Sharing-Markt verfolgen wir intensiv, um zu verstehen, wie wir unseren Mitgliedern bei der Nutzung am besten zur Seite stehen können. TCS- Mitglieder profitieren denn auch heute schon von einem um 100 Franken günstigeren Jahresbeitrag bei Mobility. Die Pannenhilfe ist heute eine Gratiszusatzleistung vieler Autoversicherungen und Neuwagenkäufe. Nur alleine damit können wir uns nicht differenzieren. Der TCS ist heute ein moderner Mobilitätsclub: Unsere Kompetenz liegt darin zu helfen, zu beraten und zu schützen. Das tun wir, egal womit und wie unsere Mitglieder unterwegs sind. Dieser Anspruch unterscheidet uns von klassischen Versicherern und wir werden ihn mit Innovationen beweisen. Nächstens mit der Pannenhilfe für Velos und E-Bikes: TCS Bike Assistance. Für junge Mitglieder hatten wir gerade einen Showcase mit der Schweizer Popband 77 Bombay Street in mehreren Schweizer Städten oder aktuell gibt es 25 Prozent auf die Miete von Mountainbikes bei Swissrent. Es lohnt sich also TCS-Mitglied zu sein, auch wenn sie die Pannenhilfe nicht brauchen.»

Die Umstellung auf das Magazinformat hatte auch redaktionelle Konsequenzen: Neu wurden Alban Seeger als Art Director, Emanuel Freudiger als Bildredaktor und Sara Hofmann als Layouterin für die Sektionen an Bord geholt. Welche Konsequenzen hatten diese Personalien?
Stauber: «Die drei Stellen haben wir neu geschaffen. Sie sind wichtig, um den Anspruch an ein interessant gestaltetes Magazin zu erfüllen. Die drei bringen viele neue frische Ideen und sind für das neue Produkt sehr wichtig. Sonst ist das `Touring`-Team personell unverändert, aber die Einstellung zum Produkt und der Entstehungsprozess haben sich grundlegend verändert.»

Der «Touring» ist ein sehr wichtiges und sehr beachtetes Mitglied der Schweizer Presselandschaft. Nach eigenen Angaben hat der «Touring» heute 0,94 Leser pro Exemplar und eine Reichweite von 19,1 Prozent. Gab es da Veränderungen? 
Stauber: «Der `Touring` hat heute 1,07 Leser pro Exemplar und die Reichweite konnten wir auf 20,7 Prozent ausbauen. Wir werden also gelesen und zwar gut und regelmässig.»

Gemäss MACH Basic hat der Touring heute 1,359 Millionen Leser und Leserinnen. Erläutern Sie uns bitte die Veränderungen vom Zeitungs- zum Magazinformat? 
Stauber: «Wir haben heute 121 000 Leser mehr. Diese konnten wir durch alle Segmente gewinnen. Vor allem, dass wir die älteren Mitglieder durch die Anpassung nicht verloren haben und bei den 14- bis 29-jährigen ebenfalls zulegen konnten, ist ein gutes Ergebnis.»

Der «Touring» wird bei Swissprinters (SWP) gedruckt, der einzigen Druckerei in der Schweiz, die ein Magazin in der Auflage drucken kann. Sie könnten in Süddeutschland viel billiger drucken. Sind Sie dieser Versuchung nie erlegen? 
Stauber: «Wir haben auch ein Angebot in Deutschland und Italien eingeholt. Druckereien sind jedoch heute so weit automatisiert, dass die Lohnkosten einen kleinen Anteil der Kosten ausmachen. Die leicht günstigeren Kosten sind nur die halbe Wahrheit. Dazu kommen Logistik- und Koordinationskosten: Wir haben einen hohen Abstimmungsbedarf zwischen der Druckerei in Zofingen und unserer Redaktion in Bern, da hilft es uns wenn wir nur 30 Minuten im Zug voneinander entfernt sind. Es kommt ein weiterer Punkt dazu: Die Wertschöpfung des TCS geschieht in der Schweiz und wir finden es darum auch wichtig, in der Schweiz zu produzieren, wenn das Angebot stimmt.»

Was sind Ihre nächsten Ziele? 
Stauber: «Den `Touring` zum Liebling der Planer und den TCS zum Club für alle, die unterwegs sind, zu machen. Dies werden wir mit der TCS Bike Assistance beweisen. Wir werden dann auch E-Bike- und Velofahrern helfen, wenn sie unterwegs eine Panne haben. Damit revitalisiert der TCS seine DNA, denn er wurde vor genau 120 Jahren als Club der Genfer Radfahrer gegründet.»