Hat der Bund den Paradigmenwechsel vom Geheimhaltungs- zum Öffentlichkeitsprinzip tatsächlich schon hinter sich? Seit zehn Jahren ist die Bundesverwaltung zur Transparenz verpflichtet. Laut einer vom Bund in Auftrag gegebenen Evaluation happert es bei der Umsetzung.
Viele Gesuchsteller, die Einsicht in amtliche Dokumente verlangen, sind laut der Untersuchung «eher skeptisch» in Bezug auf den Paradigmenwechsel. Sie sehen das Öffentlichkeitsprinzip als Mittel zur Kontrolle der Behörden. Die Zahl der Gesuche hat dabei in den letzten Jahren stark zugenommen, was zu «Umsetzungsproblemen» geführt habe.
Bei den untersuchten Verwaltungsbehörden ist das Bild ähnlich durchmischt: Einer Mehrheit bescheinigt die Evaluation, «einen gewissen Kulturwandel» vollzogen zu haben, bei der Minderheit hat sich aber noch nicht viel getan.
Ein «Umsetzungsproblem» ist zum Beispiel das Geschäftsgeheimnis von Unternehmen. Die Behörden sind zurückhaltend, wenn Einsicht in amtliche Dokumente verlangt wird, in denen Geschäfts- oder Fabrikationsgeheimnisse von Unternehmen enthalten sein könnten. Die Unternehmen selbst seien in das Verfahren noch nicht ausreichend einbezogen, kommt die Untersuchung zum Schluss.
Ein anderer Kritikpunkt: Die Schlichtungsverfahren vor dem Öffentlichkeitsbeauftragten seien zu schleppend. Abgewiesene Gesuchsteller können hier Einspruch erheben. Der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte Hanspeter Thür sei überlastet, seine Ressourcen reichten nicht aus.
Der Bundesrat will das Bundesgesetz über das Öffentlichkeitsprinzip überarbeiten lassen, wie er am Mittwoch angekündigt hat. Er hat das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement beauftragt, einen Vorentwurf für eine Teilrevision zu erarbeiten.
Das Bundesgesetz ist seit 2006 in Kraft. Es machte die Transparenz der Bundesverwaltung zum Grundsatz. Nur da, wo die innere Sicherheit oder aussenpolitische Interessen gefährdet würden oder wo die freie Willensbildung eines Gremiums gestört wird, gilt nach wie vor das Amtsgeheimnis.