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Donnerstag
05.12.2002

Spätestens seit dem «Kleinen Arschloch» gilt der Frankfurter Eichborn Verlag mit seinen frechen, schrägen Büchern als Top-Adresse in Sachen Humor. Doch den Eichborn-Machern und ihren Aktionären bleibt derzeit jedes Lachen im Halse stecken. Angesichts massiv sinkender Umsätze und drohender Bilanzverluste herrscht Krisenstimmung. Eine Hiobsbotschaft folgt der nächsten: Nach den schlechten Quartalszahlen kam die Kündigung von Programmchef Wolfgang Ferchl. Dann wurde bekannt, dass auch noch «Arschloch»-Erfinder Walter Moers dem Verlag den Rücken kehrt.

Eichborn steht vor einer radikalen Kehrtwende: Alle Beteiligungen an Tochterfirmen jenseits des ursprünglichen Verlagsgeschäfts sollen abgestossen werden. «Die bisherige Strategie ist gescheitert», gibt Eichborn-Vorstand Matthias Kierzek unumwunden zu. Die berühmte Fliege, Markenzeichen des rührigen Verlags, ist flügellahm.

Die Eichborn AG war unter grosser Aufmerksamkeit der ganzen Buchbranche vor zweieinhalb Jahren als erster unabhängiger deutscher Verlag an die Börse gegangen. Seitdem hatte sie kräftig angebaut. Um die gesamte Verwertungskette der Inhalte in eigener Hand zu behalten - Film- und TV-Rechte, Filmmusik, Video, Geschenkartikel, Hörbuch - beteiligte sich die AG an der Rechteverwertungsagentur ATL Books, an der Musikmarketing-Firma Double Fun und an der Filmproduktion Classic Film. Hinzu kamen Karriere-Beratung in mehreren «Büros für Berufsstrategie», eine Mehrheitsbeteiligung am Zürcher Pendo Verlag und das neu gegründete Lido Hörbuch-Label. Aus dem kleinen Verlagshaus im Frankfurter Rotlichtviertel wurde ein Konzern.

Doch die Tochterfirmen fuhren - nicht zuletzt wegen der schlechten Lage im Filmgeschäft - Verluste ein. Der Konzern machte dieses Jahr bis Ende September einen Umsatz von 15,5 Mio. Euro (minus 20%) und einen Verlust von rund 2,5 Mio. Euro. Der Aktienkurs stürzt schon seit dem Börsengang unaufhaltsam in den Keller. Deshalb lautet nun auch bei Eichborn die Devise: «Konzentration aufs Kerngeschäft».