Die Fallzahlen steigen wieder. Die Menschen werden unvorsichtig. Bundesrat Alain Berset beklagte jüngst eine wachsende Sorglosigkeit gerade im Familienkreis.
Andere Experten suchen nach weiteren Gründen. Für Suzanne Suggs, Professorin für Soziales Marketing an der Universität Lugano und Expertin für öffentliche Gesundheitskommunikation, zeigen sich zum Beispiel Mängel in der Kommunikationsstrategie des Bundesamts für Gesundheit (BAG), wie das Portal «Blue News» berichtet.
In den BAG-Kampagnen gehe es primär darum, zu informieren: «Doch das ist nicht genug, um Leute zu einem bestimmten Verhalten zu bewegen», meint die Kommunikationsexpertin.
So würden die Kernbotschaften zwar ständig wiederholt und seien auch einfach formuliert – sogar zu einfach. «Wir lesen und hören ständig 'Wascht die Hände' und 'Haltet Abstand'. Weshalb dieses Verhalten so wichtig ist, darüber werde jedoch nicht aufgeklärt», kritisiert Suzanne Suggs. Sie glaubt, dass die Bevölkerung mehr Führung braucht.
Man sollte der Bevölkerung vor Augen führen, welche Freiheiten wir uns bewahren könnten.
«Wenn wir diszipliniert bleiben, können wir weiterhin ins Restaurant gehen, in eine Bar, ins Büro oder zur Schule. Wir können einen zweiten Lockdown verhindern. Das sind alles positive Aspekte, um die wir gemeinsam kämpfen müssen.»
Vorgemacht werde ein solcher Ansatz in Neuseeland. Dort appelliert die Kampagne an ein Wirgefühl: «Gemeinsam gegen Covid-19». Ein anderer Claim lässt sich übersetzen mit: «Bleib zu Hause, rette Leben.»
Die Expertin Suggs findet deshalb: «Auch die Schweiz müsste besser betonen, dass wir alle Teil einer Gemeinschaft sind.»
Beim BAG verteidigt man die Präventionskampagne. Man stellt aber eine gewisse «Corona-Müdigkeit» fest.
Die aktuelle BAG-Kampagne, weiterhin von Rod, legt jetzt vermehrt auch einen Fokus auf die junge Altersgruppe. Die Plakate und Spots thematisieren unter anderem das Nachtleben. Sie werden auf den sozialen Medien und der Gaming-Plattform Twitch platziert.
Ausserdem duzt man die Bevölkerung: Der Slogan, der seit dem 24. September laufenden Kampagne heisst: «Mach's einfach.» Womit natürlich gemeint ist, dass man sich an die Verhaltensregeln halten solle.
Auch hier zeigt sich Suggs aber nicht ganz zufrieden. Der Ton sei herablassend. «Mach’s einfach», als würde man einem Kind etwas anordnen. Die heutige Jugend wolle Argumente.
Beim BAG ist man sich bewusst, dass man es nie allen recht machen kann. Aber es wird versichert: «Weitere Teilkampagnen sind in Arbeit. Die vermehrt in der kalten und nassen Jahreszeit auftretenden Krankheitssymptome sind dabei ein Thema.»