Content:

Samstag
13.03.2010

Verstösst die Casting-Sendung «Deutschland sucht den Superstar» (DSDS) gegen den deutschen Jugendmedienschutz? Die Kontrollinstanzen «Kommission für Jugendmedienschutz» (KJM) und die «Freiwillige Selbstkontrolle des Fernsehens» (FSF) liegen sich deswegen in den Haaren. Die KJM sagt: «Deutschland sucht den Superstar» verstösst gegen die Jugendschutzbestimmungen. Die FSF hingegen sagt das Gegenteil.

Der Hintergrund: Nachdem die KJM im Jahr 2008 gegen mehrere Casting-Folgen der fünften Staffel von DSDS ein Bussgeld von insgesamt 100 000 Euro verhängt hatte, legt der deutsche Privatsender RTL die aktuellen Casting-Folgen von «Deutschland sucht den Superstar» vor Ausstrahlung dem Gremium «Freiwillige Selbstkontrolle des Fernsehens» vor. Diese gab die Folge für das Nachmittagsprogramm frei.

Zu einer ganz anderen Beurteilung kam die KJM: Sie bewertete die Folge als entwicklungsbeeinträchtigend für Kinder unter zwölf Jahren. Die Sendung hätte erst ab 20 Uhr ausgestrahlt werden dürfen. Neben dem herabwertenden Verhalten der Jury problematisierte die KJM vor allem die redaktionelle Gestaltung durch RTL: Die Kandidaten werden gezielt lächerlich gemacht und dem Spott eines Millionenpublikums aussetzt.

Besonders deutlich kritisiert die KJM die Folge um einen Kandidaten, der mit einem Fleck auf der Hose gezeigt wurde. RTL erweckte in der Inszenierung den Eindruck, der Kandidat könne seine Körperfunktionen nicht kontrollieren. Dies wurde ausführlich thematisiert, mehrfach gezeigt und mittels verschiedener Inszenierungstechniken lächerlich gemacht. Der KJM-Vorsitzende Wolf-Dieter Ring braucht deutliche Worte: «Hier werden nicht nur beleidigende Äusserungen und antisoziales Verhalten als normale Umgangsformen präsentiert. Hier werden Verhaltensmodelle vorgeführt, die Häme und Herabwürdigung anderer als völlig legitim darstellen. Das wirkt erklärten Erziehungszielen wie Toleranz und Respekt entgegen und kann eine desorientierende Wirkung auf Kinder ausüben.»

Stellt die KJM einen Verstoss gegen die Jugendmedienschutzbestimmungen fest und hat eine von der KJM anerkannte Selbstkontrolleinrichtung die Grenzen ihres Beurteilungsspielraums überschritten, kann die KJM etwa eine Beanstandung oder eine Busse gegen den Medienanbieter durchsetzen. Im Falle von DSDS passiert diesmal aber nichts. Die Grenzen des Beurteilungsspielraums der FSF wurden nach Einschätzung der KJM nicht eindeutig überschritten. Die KJM hält es aber für dringend erforderlich, mit den Verantwortlichen der FSF über die Anwendung von Jugendschutzkriterien bei der Bewertung von Fernsehformaten zu sprechen. Wolf-Dieter Ring: «Dieser Dialog mit der FSF ist uns sehr wichtig, um das System der regulierten Selbstregulierung weiter zu optimieren.»

In Deutschland existiert auf der Grundlage des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags das System der sogenannten «regulierten Selbstregulierung», das die Verantwortung der Unternehmen einfordert. Fernsehanbieter können ihre Programme vorab begutachten lassen.

Bei der Bewertung von Fernsehformaten stimmen die Beurteilungen der KJM und der FSF zwar in den meisten Fällen überein. «Dass in Einzelfällen die Sichtweisen von KJM und FSF voneinander abweichen, ist im System der regulierten Selbstregulierung angelegt», sagt Wolf-Dieter Ring. «Im Grundsatz müssen beim Schutz von Kindern und Jugendlichen alle beteiligten Kräfte an einem Strang ziehen. Deshalb ist es wichtig, den Dialog mit der FSF und den TV-Verantwortlichen zu suchen und Jugendschutzkriterien einheitlich auszulegen. Wir müssen frühzeitig dafür Sorge tragen, dass wir in prinzipiellen Fragen nicht auseinanderdriften.»