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Donnerstag
30.10.2014

Medien / Publizistik

Das deutsche Bundesverfassungsgericht stärkt die Rechte der Journalisten gegenüber wortkargen Behörden. In Zukunft werden Auskunftsklagen schon dann als eilbedürftig behandelt, wenn ein «starker Gegenwartsbezug» vorliegt.

«Tagesspiegel»-Redaktor Jost Müller-Neuhof klagte beim Bundesverwaltungsgericht, weil ihm der Bundesnachrichtendienst eine Auskunft verweigert hatte. Es ging um deutsche Exporte nach Syrien, in denen auch Chemikalien enthalten waren, die für syrische Chemiewaffen verwendet wurden. Die Bundesregierung hatte die Exporte abgesegnet und sich dabei auf die Stellungnahme des Bundesnachrichtendienstes gestützt.

Müller-Neuhof wollte vom Nachrichtendienst wissen, weshalb er die Regierung nicht vor dem Export der Stoffe gewarnt hatte, und blitzte ab. Er klagte beim Bundesverwaltungsgericht, wobei er Eilrechtsschutz beantragte. Der Eilrechtsschutz beschleunigt das oft langwierige Verfahren zwischen der Klageerhebung und dem Urteil des Gerichts.

Die Richter in Leipzig urteilten im November 2013, die Angelegenheit verdiene keine speziell eilige Behandlung. Eilrechtsschutz könne nur in «unaufschiebbaren Fällen» gewährt werden. 

Mit diesem Kriterium werde «die Aufgabe der Presse in einem freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat nicht hinreichend berücksichtigt», widersprachen nun die Verfassungsrichter in Karlsruhe, wo Müller-Neuhof in zweiter Instanz Beschwerde eingereicht hatte. 

Die Verfassungsrichter legten die Latte tiefer: Journalisten sollen schon dann Eilrechtsschutz erhalten, wenn «ein gesteigertes öffentliches Interesse» und «ein starker Gegenwartsbezug» der Berichterstattung vorliege, stellte das oberste Gericht Deutschlands in einem am Dienstag veröffentlichten Beschluss fest.

Den Antrag des «Tagesspiegel»-Redaktors wiesen die Verfassungsrichter dennoch zurück, weil er zu wenig stichhaltig begründet hatte, weshalb er die Auskunft des Nachrichtendienstes so dringend brauche.