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Donnerstag
25.02.2021

Medien / Publizistik

Saftige Rüge: Die «Bild»-Zeitung unterstellte dem Starvirologen Christian Drosten, er habe womöglich Tatsachen unterdrückt.

Saftige Rüge: Die «Bild»-Zeitung unterstellte dem Starvirologen Christian Drosten, er habe womöglich Tatsachen unterdrückt.

Wegen Corona stapelten sich 2020 die Beschwerden beim Deutschen Presserat. Viele wies das Gremium als unbegründet zurück. Eine scharfe Rüge kassierte aber die «Bild»-Zeitung für einen Bericht über Virologenstar Christian Drosten.

Nicht weniger als 4085 Beschwerden landeten 2020 im Briefkasten des Deutschen Presserats, wie aus dem am Dienstag veröffentlichten Jahresbericht hervorgeht. 

Gegenüber den Vorjahren hat sich die Beschwerdezahl damit auf einen Schlag verdoppelt. Zu einem guten Teil ist das dem Coronavirus geschuldet. Insgesamt 581 Leser beschwerten sich über Berichte der deutschen Medien zur Pandemie. 

In 80 Prozent der Fälle seien die Beschwerden unbegründet gewesen, wie der Presserat weiter schreibt. Dazu gehörten zum Beispiel Beschwerden über Berichte, in denen Teilnehmer von Corona-Demos als «Verschwörungstheoretiker» oder «Corona-Leugner» bezeichnet wurden. Das hatten einige Leser als «falsch» oder «ehrverletzend» empfunden. 

Der Presserat stellte in eigener Sache klar: «Welche Deutung von Ereignissen richtig oder falsch ist, darüber kann und soll eine freiwillige Selbstkontrolle nicht entscheiden.»

Zudem wies er Vorwürfe zurück, manche Medien hätten reisserisch berichtet, etwa über drohende Versorgungsengpässe oder mögliche Todesopfer der Pandemie. 

«Auch plakative Überschriften und Texte sind zulässig, solange sie einen Tatsachenkern enthalten respektive transparent wird, ob es sich hier um Szenarien handelt», so der Presserat.

Viele Beschwerdeführer verlangten von dem Kontrollorgan, zu überprüfen, ob die Zeitungsredaktionen die Teilnehmerzahlen bei den Corona-Demos oder die vom Robert-Koch-Institut genannten Zahlen korrekt wiedergegeben hätten.

Die Medien hätten in den allermeisten Fällen «sauber gearbeitet», befanden die Sittenwächter der deutschen Presse. Kleinere Verstösse gab es zum Beispiel, weil der Quarantäne-Begriff unklar verwendet wurde.

Doch nicht jede Medienschelte stellte sich als übertrieben oder unbegründet heraus. So kassierte die «Bild»-Zeitung eine Rüge mit Biss. 32 Personen hatten sich über die Berichterstattung der Boulevardzeitung über eine angeblich «grob falsche» Studie des Virologen Christian Drosten zur Corona-Ansteckung bei Kindern beschwert. 

«Aus Sicht des Presserats hatte die Redaktion dabei verschwiegen, dass es sich um eine sogenannte Vorveröffentlichung handelte, deren Ergebnisse noch nicht von Fachleuten überprüft waren», heisst es im Bericht dazu. 

Der Deutsche Presserat sah im Weglassen dieser Information einen schweren Verstoss gegen die journalistische Sorgfaltspflicht, «zumal der Artikel dem Virologen unterstellte, er habe womöglich Tatsachen unterdrückt».