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Dienstag
05.11.2019

Medien / Publizistik

Das Gutachten fordert Einblicke in die maschinellen Auswahlsysteme demokratisch relevanter Plattformen...

Das Gutachten fordert Einblicke in die maschinellen Auswahlsysteme demokratisch relevanter Plattformen...

In Deutschland gehören – im Unterschied zur Schweiz – die Ethikdebatten zu den hochrangigsten, demokratisch nachhaltigsten und informativsten Leistungen sowohl vonseiten der öffentlich-rechtlichen Institutionen als auch der Verlage. Dies muss man wieder mal angesichts des Gutachtens zur digitalen Zukunft feststellen, das die deutsche Datenethikkommission vorgestellt hat.

Die Kommissionssprecherin hat schon am 23. Oktober die wichtigsten Leitlinien festgehalten, die eigentlich all die grossspurigen Tagungen um die Probleme oder Lösungen zur digitalen Demokratie unnötig machen: Mit diesem Gutachten geht es nur noch um die politische Umsetzung.

Doch wenn man den «Stern», die «Süddeutschen» und die «FAZ» ausklammert, hat das Gutachten leider keine grossen Wellen geschlagen, obwohl es so klar und einfach ist. Fünf Punkte daraus möchte der Klein Report hervorheben:

Erstens wird klar und deutlich eine demokratische Rückbindung der «algorithmischen Systeme» gefordert. Es stehen allgemeine Grundsätze im Gutachten, aber auch ganz konkrete Handlungsanweisungen wie das Verbot von «Lock-in-Effekten» beziehungsweise der Zwang an GAFA (Google, Apple, Facebook, Amazon), die Messenger-Dienste zu einer Interoperabilität zu verpflichten.

Zweitens fordert das Gutachten eine Kennzeichnungspflicht für demokratiezerstörende Algorithmen, beispielsweise Social Bots. Die Sprecherin, Christiane Woopen,  sagte dem «Stern»: «Auf den ersten Blick muss mir klar sein, dass hier keine Person mit mir spricht, sondern ein algorithmisches System Nachrichten versendet.»

Drittens, und hier wird es brisant und hochaktuell: Das Gutachten fordert einen Einblick in die maschinellen Auswahlsysteme demokratisch relevanter Plattformen. «Das kann so weit gehen, dass sie sich (die sozialen Netzwerke) bestimmte Algorithmen ex-ante, also vorab, lizensieren lassen müssten», heisst es im selben Bericht.

Viertens hat das Gutachten Instrumente aus dem Presserecht entlehnt: Das Recht auf Gegendarstellung beispielsweise. Dies lässt sich ja auch technisch einfach bewerkstelligen.

Fünftens macht die Datenethikkommission klar, dass private Daten kein Verkaufs- und Kaufmittel sein dürfen. Dies entspricht dem Menschenbild des Grundgesetzes, dass sich Personen nicht im Kern verkaufen dürfen.

Das Gutachten zur digitalen Revolution im Auftrag der Deutschen Regierung gehört zur Grundlage jedes Medien- und Staatsrechtlers. Erstaunlich, wie wenig darüber in der Schweiz zu vernehmen war.