Nicht nur der deutsche Halbleiterhersteller Infineon, der einen Holding-Sitz in der Schweiz anstrebt, sondern auch weitere deutsche Firmen denken daran, ihren Sitz in ein Nachbarland zu verlegen. Als Standort von Unternehmenszentralen ist die Schweiz laut der «Financial Times Deutschland» vom Donnerstag «erste Wahl». In mehr als der Hälfte aller untersuchten Fälle (55%) ziehe es die Unternehmen in die Schweiz, schrieb das renommierte Blatt. Mit deutlichem Abstand folgen mit jeweils 16% Grossbritannien und Belgien.
Infineon-CEO Ulrich Schumacher hatte am Dienstag gedroht, den Firmensitz des Halbleiterherstellers in die Schweiz zu verlegen. «Wenn wir wieder in die Gewinnzone kommen, bleibt uns nichts anderes übrig», sagte Schumacher auf der Halbjahreskonferenz. Er erinnerte an das Jahr 2000, als Infineon ähnlich viel Gewinn machte wie der Konkurrent STMicroelectronics. Der Unterschied: ST zahlte 400 Mio. Euro weniger Steuern - weil dessen Sitz in der Schweiz liegt.
Nicht nur Steuern könnte Schumacher durch einen Umzug sparen - auch Personal. Denn alle 300 Mitarbeiter der Münchner Zentrale werden kaum mitgehen in die Schweiz. Die Buchhaltung beispielsweise wird nach Portugal ausgelagert, die Geschäftsführung für die Sparte Automobil- und Industrie-Elektronik nach Österreich. Damit liegt Infineon voll im Trend. Viele Konzerne ärgern sich über aufgeblähte Wasserköpfe in teuren Zentralen. Über die Hälfte der 50 Unternehmen, die die Unternehmensberatung Arthur D. Little in einer Studie befragte, reduzierten in den vergangenen zehn Jahren die Zahl der Arbeitskräfte in den globalen Zentralen, delegierten Verantwortung an dezentralisierte Geschäftsbereiche und reduzierten Hierarchieebenen. Mehr dazu: Infineon will sich durch Anleihe frisches Geld beschaffen, Infineon Technologies geht nach Kärnten und Infineon-Chef will Holding-Sitz in der Schweiz
Donnerstag
01.05.2003