Die letzte «Wetten, dass...?»-Sendung wird von Andrea Schöne, einer deutschen Anti-Ableismus-Trainerin, für ihren Umgang mit dem behinderten Kandidaten Felix regelrecht auseinandergenommen. Die Sendung sei ein Paradebeispiel dafür gewesen, wie ungewohnt die Präsenz von behinderten Menschen in TV-Shows immer noch ist.
Schöne echauffiert sich, dass Moderator Thomas Gottschalk sich in seiner letzten Sendung «Wetten, dass...?» vor allem für die Tatsache interessierte, dass Felix, der 14-jährige Kandidat der Kinderwette, eine Behinderung hat. Dabei hätte es so viele Gesprächsthemen gegeben, die Sendung anders zu gestalten, wie sie kritisiert.
Der Umgang mit Felix bei «Wetten, dass...?» sei Ableismus pur gewesen, bilanziert die Anti-Ableismus-Trainerin, die auch als freie Journalistin und Moderatorin tätig ist sowie an der TU Dresden als Lehrbeauftragte in Medienpädagogik zur Darstellung von Behinderung in den Medien doziert.
Das Publikum habe gesehen, wie das Sportler-Paar Ana Ivanović und Bastian Schweinsteiger Felix die Hände über die Stufen hinab entgegenstreckte, da es dem jungen Kandidaten nicht möglich war, im Rollstuhl zum Showsofa zu gelangen.
Thomas Gottschalk fragte den 14-Jährigen, was er denn für eine Krankheit habe. «Ein absolutes No-Go und ein schwerer Eingriff in die Privatsphäre des Jugendlichen», so Andrea Schöne.
Die Anti-Ableismus-Trainerin schreibt, wie insbesondere vor Weihnachten behinderte Menschen sehr präsent im Fernsehen seien. Denn dann stehen die Charity-Shows an, in denen behinderte Menschen oft als Bitstellerinnen und Bittsteller inszeniert würden. Es würden Stereotype innerhalb der nichtbehinderten Dominanzgesellschaft gefestigt.
«Dies hat reale Folgen im Alltag. Ich selbst habe es zum Beispiel schon erlebt, dass mir fremde Personen in der Öffentlichkeit Geld zustecken wollten. Sie waren erstaunt über meine empörte Reaktion», erzählt Schöne weiter.
Sie fordert, damit behinderte Menschen an einer TV-Show teilnehmen können, müsse im Vornherein ein Konzept für Barrierefreiheit ausgearbeitet sein. So sollen Produktionen mit einer Rampe oder einer Gebärdensprachdolmetscherin ausgestattet sein, aber auch Schriftdolmetschung, Induktionsschleifen für schwerhörige Personen oder Blindenleitsysteme sollen bereitgestellt werden.
Barrierefreiheit sei kein optionales «Extra», sondern bedeute Teilhabe. Dazu brauche es eine ausführliche Beratung durch behinderte Menschen und finanzielle Ressourcen, so Andrea Schöne.
Weiter dürften Moderatorinnen und Moderatoren mit Behinderung im Fernsehen nicht nur beim Thema Inklusion eingesetzt werden, denn behinderte Menschen hätten noch andere Interessen als Behinderung. Als positives Beispiel nennt Andrea Schöne Ninia LaGrandes Moderation bei «Unterwegs mit Ninia», einem Format der ZDF-Sendung «Wiso» aus dem Jahr 2020.
Andrea Schöne kritisiert abschliessend, dass die meisten Nichtbehinderten behinderte Menschen oft nur aus der Darstellung aus den Medien kennen würden. Dies müsse sich ändern und Fernsehshows könnten, wenn sie gut umgesetzt sind, einen wichtigen Beitrag für Inklusion und Sichtbarkeit behinderter Menschen leisten.