Der Schweizer Theatermacher Milo Rau soll die künstlerische Leitung der Wiener Festwochen übernehmen, wie das Festival am Freitag bei einer Medienkonferenz in der Donaustadt bekannt gegeben hat.
Sein Vertrag ist auf fünf Jahre anberaumt und beginnt ab Juli 2023. Somit wird das Festival in Wien 2024 erstmals die Handschrift von Milo Rau tragen. In der anstehenden Ausgabe während fünf Wochen im Mai und Juni wird es noch von Christophe Slagmuylder verantwortet.
Aktuell ist Milo Rau Intendant des Theaters NTGent in Belgien. Diesen Posten will er aufgeben, sagte Rau bei der Medienkonferenz in Wien. In Gent wollte Rau im Stile der dänischen «Dogma»-Filmemacher nach einem «10-Punkte-Plan» politische, innovative und brisante Stoffe auf die Bühne bringen.
«Er verspricht politisch brisantes Theater», erwartet deshalb der «Spiegel» in einem ersten Kommentar zum neuen Engagement in Österreich.
Das Ziel sei «mehr Publikum», sagte Wiens Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler beim Vorstellen des neuen Intendanten. Der Auftrag sei das «Erreichen einer breiten Öffentlichkeit».
Für den in Wien sehr angesehen Posten hatten sich 36 Kulturschaffende beworben. Der jetzt Gewählte wurde dazu angefragt.
Milo Rau wurde 1977 in Bern geboren. Er studierte Soziologie, Germanistik und Romanistik in Paris, Zürich und Berlin.
Seit 2002 veröffentlichte Milo Rau über 50 Theaterstücke, Filme, Bücher und Aktionen. Seine Theaterproduktionen waren bei allen grossen internationalen Festivals zu sehen – darunter das Berliner Theatertreffen, das Festival d’Avignon, die Biennale Venedig, die Wiener Festwochen und das Brüsseler Kunstenfestivaldesarts – und tourten durch über 30 Länder weltweit, wie auf der Webseite des Zürcher Schauspielhauses zu lesen ist.
Auch hier war Milo Rau erfolgreich unterwegs. Letzte Arbeiten in Zürich waren «Orest in Mossul», «Das Kongo Tribunal» und «100 Tage von Sodom» nach Motiven von Pier Paolo Pasolini. Diese Produktion hat er 2017 zusammen mit dem Theater Hora realisiert. Sein Film «Das Neue Evangelium & Die Revolte der Würde», in dem die Erzählung des Evangeliums mit den aktivistischen Kämpfen sizilianischer Erntehelfer verknüpft wird, wurde 2021 mit dem Schweizer Filmpreis für den besten Dokumentarfilm ausgezeichnet.
Seit 2017 ist Milo Rau auch regelmässig als Kritiker im «Literaturclub» auf SRF zu sehen, im Trio mit Nicola Steiner und Elke Heidenreich.
Bei den im Mai und Juni stattfindenden Wiener Festwochen sind genreübergreifend Theater-, Opern- und Tanzproduktionen zu sehen.