Mit einer grossen Gala im Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) verabschiedete sich am 31. Oktober das Deutsche Fernsehballett.
Lange Beine, glamouröse Kostüme und atemberaubende Choreografien haben fast 60 Jahre lang eine knisternde Seite des Lebens in die braven Stuben von Millionen gebracht.
«Ich bin traurig, aber das Ende überrascht mich nicht. Es war schon länger klar: Es geht nicht mehr», sagt Emöke Pöstenyi, frühere Star-Solistin und Choreografin des Ensembles, der Deutschen Presse-Agentur. Die Aufträge seien weggeblieben, es gebe keine Sendungen mehr, in die das Format des Balletts hineinpassen könnte.
«Man muss der Realität ins Auge sehen. Die Zeiten der grossen Shows im Fernsehen sind vorbei», hat auch Geschäftsführer Peter Wolf resigniert. Ursprünglich wollte er mit seiner Truppe im Jahr 2021 eine Abschiedstournee geben. Doch die fällt nun wegen Corona aus.
Als kleiner Trost gab es deshalb in Leipzig «Die grosse Show zum Abschied». Moderiert wurde die Sendung von Entertainer Ross Antony. Gäste waren unter anderem die Musiker David Garrett, Beatrice Egli und Michelle.
Gegründet wurde das Ballett mit derzeit 32 Tänzerinnen und Tänzern aus 18 Nationen im Jahr 1962 in der DDR. Nach dem Mauerfall 1989 wurde das DDR-Fernsehen fast komplett liquidiert. Das Deutsche Fernsehballett wurde jedoch gerettet und in die grossen Fernsehshows von ARD, ZDF und MDR integriert.
1962 war ein grosses Jahr des Unterhaltungsfernsehens in Deutschland West, auf Sendung ging zum Beispiel «Sing mit Horst», eine Reihe mit Bandleader Horst Jankowski. In den Siebzigerjahren folgten Harald Juhnke, Anneliese Rothenberger und Heinz Schenk mit seinem «Blauen Bock».
Dem musste in der DDR das Unterhaltungsfernsehen etwas entgegenstemmen. Das Fernsehen als ein Wettbewerb der Systeme. Deshalb wurde im Auftrag des Deutschen Fernsehfunks (DFF) in Berlin Adlershof 1962 das Fernsehballett gegründet. Mit Tänzerinnen von der Staatlichen Ballettschule. «Ein Kessel Buntes» hiess die regelmässige Show, obwohl sie in der DDR noch sieben Jahre in Schwarz-Weiss ausgestrahlt werden musste.
Das Deutsche Fernsehballett überlebte nach der Wende im Mitteldeutschen Rundfunk. 2012 wurde es vom Künstlermanager Peter Wolf übernommen. Das Überleben war aber schwierig. Bis auf den MDR seien die anderen Sender nicht mehr bereit gewesen, für das Ensemble zu zahlen.
Die Fernsehunterhaltung hat sich wegentwickelt von Revuen. Heute schreitet kein Entertainer im Frack mehr die Showtreppe runter.
Das Unterhaltungsfernsehen ist vom Zuschaufernsehen zum Mitmachfernsehen, Fremdschäm-TV in diversen Camps sowie Duellfernsehen mit immer verrückteren Wettbewerben geworden.