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Donnerstag
07.08.2025

Medien / Publizistik

Viele Bäume in der ersten Ausgabe...    (Bild: Screenshot/«Küsnachter Bote»)

Viele Bäume in der ersten Ausgabe... (Bild: Screenshot/«Küsnachter Bote»)

Das malerische Dorf Küsnacht am Zürichsee wird seit Donnerstag von der Nachbargemeinde Zollikon «journalistisch betreut».

Die eigene Dorfzeitung «Küsnachter» ist nach einer Ausschreibung der Gemeinde Küsnacht dem in Zollion ansässigen Verlag Fröhlich Info AG zugeschanzt worden und hat zu einigem Kopfschütteln in der Gemeinde geführt, wie der Klein Report ausführlich berichtete.

Im ersten Editorial mit dem Titel «Die Stammhalter von Küsnacht» schreibt die Journalistin Dörte Welti ausführlich über die 2’500 registrierten Bäume in Küsnacht. Wo die genau stehen und wie deren Zustand sei, das wisse Nathanael Gerber, der sich um das Küsnachter Bauminventar kümmert.

Zum Wechsel von der bisherigen Lokalinfo AG, Herausgeberin von einigen Zürcher Quartier- und Lokalzeitungen, zum Fröhlich-Verlag in Zollikon: kein Wort von Welti. Sie war vorher interimistisch Chefredaktorin der in die Bredouille geratenen «Maurmer Post».

Welti machte nach acht Jahren bei der Dorfzeitung «persönliche Gründe geltend» für ihren Abgang, den sie Ende Oktober letzten Jahres publik machte. Der erforderliche Zeitaufwand «mit anderweitigen Zielen und Verpflichtungen» sei auf Dauer nicht mehr vereinbar.

Mit im neuen Redaktionsteam in Zollikon ist auch die Journalistin Brigitte Selden. Auch sie war vorher bei der «Maurmer Post» tätig. Verlagschefin ist Rafaela Devonas-Eberle.

Auf mehrmalige Nachfrage wollte Devonas-Eberle gegenüber dem Klein Report zu Fragen des redaktionellen Auftrages, Richtlinien der Gemeinde, Redaktionsteam oder dem Betrag von 109’000 Franken, die die Gemeinde Küsnacht für die amtlichen Publikationen nun zahlt, nichts sagen.

Die Lokalinfo AG, die zur Emil Frey AG von Unternehmer Walter Frey (SVP), gehört, hat für ihre Lokalpublikation «Küsnachter» 200’000 Franken erhalten, wie aus Unterlagen, die dem Klein Report vorliegen, hervorgeht.

Der Küsnachter FDP-Gemeindepräsident Markus Ernst versicherte dem Klein Report, dass die Vergabe an den «Küsnachter Boten» «aufgrund der am besten erfüllten Kriterien der Submission» erfolgt sei. «Wobei die grosse Preisdifferenz den Ausschlag gab.»

Die Zufriedenheit der einzelnen Gemeinderatsmitglieder mit dem «Küsnachter» habe keinen Zusammenhang mit der Vergabe an den «Küsnachter Boten» gehabt, versicherte er.

Rückblende: «Kunde Ernst», wie er bei der Lokalinfo intern geführt wurde, hatte sich vor ein paar Monaten über die damalige Chefredaktorin Manuela Moser bei der Lokalinfo AG beschwert. Denn die Lokaljournalistin ist durch ihre Recherchen dem einen oder anderen Politiker auf die Füsse getreten, so auch dem Küsnachter Gemeindepräsidenten Markus Ernst.

Eigentlich wäre es bei Gesprächen mit dem Lokal-Politiker um das damals hängige Submissionsverfahren gegangen, stattdessen erhielt Manuela Moser den blauen Brief - von jetzt auf gleich. Und der «Küsnachter» wurde  per 24. Juli 2025 «aus wirtschaftlichen Gründen» eingestellt.

Die Parallelen der Gemeinde Küsnacht und Maur sind frappant. Yves Keller, FDP-Gemeindepräsident von Maur, hat mit seiner Dorfpostille «Maurmer Post» ein Chaos sondergleichen angerichtet.

Nach einer Berichterstattung um ein Tötungsdelikt im Dorf, das vermutlich auf einen Erbstreit zurückgeht, landete der Streit um publizistische Abläufe am Ende vor dem Bezirksrat Uster.

Keller gab die heisse Kartoffel einfach an den damaligen «Maurmer Post»-Kommissions-Präsidenten Herbie Schmidt weiter, der unter anderem als NZZ-Journalist arbeitet, und «die redaktionelle Hoheit über die ‚Maurmer Post‘» mit dem Gremium gehabt habe. «Die Kommission hat in diesem Fall ihre Aufsichtspflicht nicht wahrgenommen», sagte der FDP-Politiker gegenüber «Inside Paradeplatz» zu dem Knatsch.

Mitte Juni hatte die «Maurmer Post» dann ein schlechtes Beispiel der Gewaltenteilung geliefert, indem sie den Maurmer Gemeinderat Alexander Lenzlinger zu einer Asyldebatte gleich selber interviewte. Der Klein Report nahm daraufhin Gemeindeschreiber Christoph Bless in die Zange. «Ja, Gemeinderat und Gemeindeverwaltung haben die Fragen gemeinsam erarbeitet», musste er nach wiederholter Nachfrage über den journalistisch aufgemachten Text zugeben.

Beim «Küsnachter Boten» wird Verlagleiterin Rafaela Devonas-Eberle, Tochter eines früheren Vorstandsmitglieds der lokalen FDP, nun ein Beirat zur Seite gestellt.

Wer dort alles dabei ist, mochte Devonas-Eberle dem Klein Report nicht verraten.