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Dienstag
18.10.2022

TV / Radio

Wenn das Publikum es will, wird TV-Moderator Jimmy Carr ein Hitler-Gemälde zerstören...    (Bild: Channel 4)

Wenn das Publikum es will, wird TV-Moderator Jimmy Carr ein Hitler-Gemälde zerstören... (Bild: Channel 4)

Geht es um die Quote oder steckt ein echtes Anliegen dahinter? Der britische Fernsehsender Channel 4 hat ein Gemälde von Adolf Hitler gekauft und lässt das Publikum darüber abstimmen, ob das Bild zerstört werden soll oder nicht.

Das berichtet die britische Zeitung «Guardian». Neben dem – offenbar echten – Hitler hat der Sender auch eine Reihe anderer Kunstwerke «problematischer Künstler» erworben, die nun im Studio auf ihre «Hinrichtung» warten. Abstimmen kann das Publikum über das Schicksal von einem echten Picasso. Für die «Bilderverbrennung» bereit steht auch ein Werk des verurteilten Pädophilen Rolf Harris. Vom bereits verstorbenen Bildhauer Eric Gill wartet eine Skulptur. Dieser Künstler hat seine beiden Töchter im Teenager-Alter missbraucht, wie dessen Tagebücher nach seinem Tod enthüllten.

Moderiert wird die Sendung vom Komiker Jimmy Carr. Dieser soll auch die Zerstörung vornehmen, sofern sich das Publikum in einer Abstimmung dafür entscheidet. Für die Zerstörung der Kunstwerke steht neben anderen Brachialwerkzeugen ein Flammenwerfer zur Verfügung. Dieser soll aber nicht für Hitlers Werk eingesetzt werden, wie der Sender klarstellt.

Die Show soll Ende Oktober unter dem Titel «Jimmy Carr zerstört Kunst» ausgestrahlt werden. Ein genaues Datum lässt sich auf der Webseite von Channel 4 noch nicht finden.

Mit der Action einhergehen soll die Frage, ob sich ein Kunstwerk tatsächlich vom Künstler trennen lässt. Laut «Guardian» erklärte der Programmdirektor von Channel 4, Ian Katz, dass im Falle einer «Begnadigung» von Hitlers Gemälde durch das Publikum, der Sender das Werk auf «geeignete Weise» sonst entsorgen werde.

Ian Katz gab die Informationen über die Sendung im Rahmen eines Interviews bekannt, in dem er Bilanz über seine fünf Jahre als Programmdirektor zog. Der Fernsehmann steht aufgrund abnehmender Zuschauerzahlen unter Druck und sieht sich mit dem Wunsch der Regierung konfrontiert, den öffentlich-rechtlichen Sender Channel 4 zu privatisieren.

Grenzwertige Spektakel sind bei Channel 4 nicht neu. Der Sender hat bereits eine Autopsie live übertragen sowie Menschen vor laufender Kamera mit Drogen gefüttert. Origineller war eine Aktion 2019, wo Channel 4 die Chefs der politischen Parteien zu einer Debatte über die Klimakrise eingeladen hatte. Der damalige Premierminister Boris Johnson und Nigel Farage nahmen diese Einladung nicht an. Sie wurden daraufhin durch Eisskulpturen ersetzt, die im Verlauf der Debatte dahinschmolzen.

Beim Kauf der Bilder wurde gemäss Channel 4 ein Kunstexperte damit beauftragt, die Werke «von seriösen Auktionshäusern» zu kaufen. Beim Picasso handle es sich dabei «eher um eine kleine Vase» als ein grosses Gemälde.  

Bei der BBC findet man an der Idee der Konkurrenz kein Gefallen. Hier kommt die Geschäftsführerin des Holocaust Memorial Day Trust zu Wort. Olivia Marks-Woldman kritisiert, die Show mache den Nazi-Führer «zu einem Thema der leichten Unterhaltung». Sie fügte hinzu: «Dies ist zutiefst unangemessen und in einer Zeit zunehmender Holocaust-Verzerrung gefährlich trivialisierend.»

In Deutschland hat der RTL-Sender ntv auf seiner Plattform über das Kunsthappening berichtet und darüber abstimmen lassen. Bis Montag fanden 66 Prozent die geplante Aktion «Nicht in Ordnung».