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Montag
01.12.2008

Die Zürcher Tamedia hat nach mehrmonatiger Analyse festgestellt, dass die Berner Traditionstageszeitung «Der Bund» «ohne redaktionelle Zusammenarbeit wirtschaftlich keine Perspektiven» habe. Unter der Leitung der Verlagsmanagerin Uli Rubner lässt der Verlag deshalb zwei Projekte prüfen, ob und wie sich «Der Bund» retten lasse, teilte der Verlag am Montag mit. «Mit den Projekten sollen die beiden Berner Tageszeitungen vor dem Hintergrund rückläufiger Leserschaftszahlen und der Verlagerung der Werbeausgaben ins Internet auf eine nachhaltige publizistische und wirtschaftliche Basis gestellt werden», schreibt die Tamedia dazu.

Das Projekt 1 «TagesBund» prüft eine redaktionelle Zusammenarbeit zwischen dem «Bund» und dem «Tages-Anzeiger». Ziel der Zusammenarbeit wäre es, der anspruchsvollen Leserschaft der beiden Titel einen gemeinsam erarbeiteten Mantel anzubieten. Beim Projekt 2 «Berner Zeitung & Der Bund» geht es alternativ um eine Zusammenführung der Redaktionen von «Berner Zeitung» und «Der Bund». Bei dieser Variante sollen die Qualitäten und Gefässe von «Berner Zeitung» und «Der Bund» in die Zusammenarbeit einfliessen. Die wirtschaftliche Stärke der «Berner Zeitung» biete dabei eine gute Ausgangslage, schreibt die Tamedia.

In den Projektteams sitzen jeweils Bruno Furrer, Controlling Medien, Paul Galli, Lokalzeitungen und Anzeiger, Bernhard Köhli, vom Druckzentrum Espace Medien, sowie «Bund»-Chefredaktor Artur K. Vogel. Beim Projekt «TagesBund» arbeiten ausserdem der stellvertretende «Tages-Anzeiger»-Chefredaktor Res Strehle und TA-Verlagsleiter Marcel Tappeiner mit. Und beim Projekt «Berner Zeitung & Der Bund» gehören zu den vier eingangs Erwähnten die beiden «Berner Zeitung»-Ko-Chefredaktoren Markus Eisenhut und Michael Hug zum Team.

Für Professor Roger Blum vom Institut für Medienwissenschaft der Universität Bern wäre es für die Bundesstadt «eine Katastrophe, wenn es nicht mehr zwei Zeitungen gäbe, die publizistisch im Wettbewerb stehen». Blum hofft deshalb auf die Option einer Kooperation mit dem «Tages Anzeiger». «Der Bund» und der «Tagi» würden gut zueinanderpassen, meinte er. «Auf diese Weise könnte in Bern die Vielfalt bewahrt werden», sagte Blum.

Seit dem Verkauf des «Bundes» durch die damalige Verlegerfamilie 1992 waren insgesamt fünf Partner an der Tageszeitung beteiligt. Im Sommer 2007 stiessen NZZ und Publicitas ihre Anteile am «Bund» schliesslich an Espace Media ab. Mit dem Berner Modell hat «Der Bund» erstmals fast die Gewinnzone erreicht. Wegen der Inserateflaute werde das Traditionsblatt das laufende Jahr «erneut mit einem deutlichen Verlust abschliessen, der nicht durch zusätzliche Einsparungen aufgefangen werden kann», schreibt die Tamedia. Der gesamte Verlust der letzten zwölf Jahre betrage mehr als 30 Millionen Franken. - Siehe auch: «Bund»-Einstellung «im Moment nicht geplant»