Nur wenige Minuten, nachdem Yann Sommer den Penaltyschuss von Kylian Mbappé neben das Tor lenken konnte, titelte Bild Online bereits: «Das Schweizer SOMMERmärchen». Kaum weniger schnell doppelte der «Kurier» in Wien nach mit dem Titel: «Schweiz gewinnt episches Achtelfinale.»
Die internationalen Medien hatten wieder einmal ihre Top-Story. Ein Krimi auf dem Rasen, der im Heldentod des grossen Goliaths endete und die kleinen Gärtner zu einer Horde wild gewordener Davids machte.
Auch die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» schrieb von einem «regelrechten Fussball-Krimi».
Gegen Frankreich war die Schweizer «Nati» bereits mit 1:3 in Rückstand geraten. Die Mannschaft von Nationaltrainer Vladimir Petkovic rettete sich mit zwei späten Treffern allerdings noch in die Verlängerung sowie später ins Elfmeterschiessen. «Es hat niemand mehr wirklich an uns geglaubt», sagte Torhüter Sommer, aber die Mannschaft habe sich «geschworen: Egal wie es läuft, wir gehen bis zum Schluss.»
Das Happy End müsste für Sommer sogar in Hollywood seine Fortsetzung finden. Auf die Frage, ob das dramatische 5:4 der Schweiz im EM-Achtelfinale gegen Weltmeister Frankreich nach Elfmeterschiessen nicht einem guten Hollywood-Drehbuch geglichen habe, antwortete der Gladbacher Torhüter im ZDF mit einem breiten Grinsen: «Wahnsinn, ich rufe nachher mal Robert De Niro an, ob er Lust hat, mich zu spielen im Biopic.»
Für die «Berliner Zeitung» hat die Dramaturgie dieses Spiels «ein historisches Comeback» der Schweizer gegeben. Haris Seferovic machte für die Berliner «das Spiel seines Lebens», als er in der 81. Minute zum 2:3 traf.
Kapitän Granit Xhaka wurde in verschiedenen Medien zitiert: «Wir haben Geschichte geschrieben für den Schweizer Fussball. Jetzt kennt jeder die Schweiz.» Der «Corriere dello Sport» wollte dabei vom Erfolg auch etwas für Italien abgewinnen und erinnerte daran, dass Xhaka am liebsten zum AS Roma wechseln wolle, sobald ihn Arsenal ziehen lasse. Ebenso hat der «Corriere» nicht vergessen, stolz darauf zu verweisen, dass der Schweizer Trainer Vladimir Petkovic vor seiner Berufung in die Schweiz als Trainer für Lazio Rom wirkte.
Und in Frankreich? Dort haben die Medien den nationalen Notstand ausgerufen. «Le Monde» schrieb am Tag danach, man hätte es auch nach ein paar Stunden immer noch nicht begriffen. «Le Figaro» spricht von einer «terrible désillusion».
Viel Schuld sehen die Franzosen beim Trainer Didier Deschamps. Man will nicht verstehen, wieso er bei dieser schier unüberblickbaren Menge von Superstars im Land ausgerechnet diese unglückliche Elf auf den Platz schicken musste. Deschamps selbst meint dazu: «Wenn wir gewinnen, ist es die Mannschaft. Wenn wir verlieren, ist es der Trainer.»
Und der Klein Report meint: In der Schweiz ist es der Coiffeur. Auf jeden Fall will sich «Blick»-Sportchef Andreas Böni an seine Wette halten.
Nach seinem Kommentar zum Einfliegen eines Figaro für Nati-Captain Granit Xhaka und Manuel Akanji, was er im «Blick» als unwürdiges Stargehabe gegeisselt hat, will sich jetzt auch Böni seine Haare blond wie ein Schweizer Superstar färben lassen.