Content:

Mittwoch
04.11.2009

Fast Unglaubliches machte die Sendung «Rundschau» des Schweizer Fernsehens in ihrer Ausgabe vom Mittwoch publik: Am Rande einer Sitzung der Aussenpolitischen Kommission (AKP) des Nationalrates habe ein Reporter in einem Papierkorb das geheime Protokoll des Bundesrates zur Libyen-Affäre entdeckt. APK-Präsident Geri Müller sei «zerknirscht» gewesen über den fahrlässigen Umgang seiner Kommission mit vertraulichen Dokumenten und habe von «einem dummen Fehler» gesprochen, berichtete die Sendung.

Bei den Dokumenten handelt es sich um eine bundesrätliche Chronologie der Libyen-Affäre, aus der die Zeitung «Sonntag» bereits in Auszügen zitiert hatte. Diese Publikation führte zu teils heftigen Reaktionen, insbesondere von Bundespräsident Hans-Rudolf Merz, der von «Verrat» sprach und hart mit den Medien ins Gericht ging. Auch die aussenpolitische Kommission des Nationalrates verurteilte die Publikation und reichte sogar Strafanzeige ein, um das Leck in ihren eigenen Reihen zu finden.

Laut «Rundschau» wurde das gesamte elfseitige, vertrauliche Bundesratsdokument während der Dreharbeiten bei der Sitzung der APK in einem öffentlichen Gebäude, einem Schulhaus in Baden, gefunden. Auch etliche weitere Dokumente der Kommission, die ebenfalls nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind, seien nach der Sitzung achtlos weggeworfen worden.

Geri Müller sprach in der «Rundschau» von einem «ganz dummen Fehler» und bedauerte den Vorfall: «Das ist sicher nicht mutwillig passiert, sondern sorglos - was natürlich nicht unbedingt ein Qualitätszeichen ist.» Nach der Herausgabe des Protokolls in der Kommission habe er noch einmal darauf hingewiesen, dass es sich um vertrauliche Papiere handle, die vernichtet oder abgelegt werden müssten. «In aller Regel sind wir im Bundeshaus. Da haben wir engere Sicherheitsvorkehrungen, wir haben dort einen Schredder», so Müller weiter.

Kritik zu den liegen gelassenen Geheimprotokollen äussert auf Anfrage der «Rundschau» Strafrechtsprofessor Hans Vest von der Universität Bern: «Ich finde dieses Verhalten grob fahrlässig. Das darf einfach nicht passieren.» Laut Vest handelt es sich beim Wegwerfen der Dokumente aber eher nicht um Amtsgeheimnisverletzung: «Amtsgeheimnisverletzung setzt ein vorsätzliches Kundtun solcher Geheimnisse voraus», sagte Vest. Es sei in dieser Situation davon auszugehen, dass das betreffende Mitglied der Kommission nicht vorsätzlich gehandelt habe.