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Montag
30.12.2002

Zugegeben: Was Journalistinnen und Journalisten täglich leisten, hat mit hoher Literatur wenig zu tun. Was ihnen Pressestellen und PR-Schreiberlinge zumuten, ist aber oft das reine Kauderwelsch. Hier eine (leicht gekürzte) Auswahl von Sprachsünden dieses Jahres ? zusammengetragen vom mutmasslichen «Hauptopfer», der Nachrichtenagentur SDA.

Da wären zunächst die Wörter, die kein Mensch versteht: Schweizer Flüsse brauchen Sukzessionsflächen, die Pharmafirma Roche ein breites Patentfolio und die Schweizer Wirtschaft ein unverändertes Zielband für den Dreimonate-Libor.

Dann das Bekannte: Warum Deutsch, wenns auch Englisch geht? Core-Business nennt sich jetzt das peinlich-altmodische Hauptgeschäft eines Unternehmens. Und Zürichs einzigartiger Flughafen Unique äussert sich zum neuen Betriebsreglement mit Begriffen wie «Slotoptimierung Qualität» und «Wasserfall-Hubbing».

Mit Wellfeeling und Wellness - von Schweiz Tourismus als Haupttrend für das nächste Jahr erkannt - hat das übrigens nichts zu tun. In ist jetzt dafür in den Bergen Board´n´Roll. Und im neuen Schulhaus wird ein Event-Room eingeplant - eine Aula tut´s nicht mehr.

Beliebt sind auch beliebig lang zusammensetzbare Wörter: Der Zürcher Kantonsrat debattierte über die Zukunft des Altlastenverdachtsflächenkatasters, und der Kanton Thurgau wies bei der Besichtigung der Thur auf Lebendverbaubuhnen hin.

Die Migros wirbt für ihr 7-Punkte-Fleisch-Garantie-Programm und Einbrecher benutzen gemäss Polizei Baustellenabschrankungssockel, um Schaufenster einzuschlagen. Die lesenden Augen sind überfordert, und manchmal geht einem beim Lesen auch noch der Schnauf aus.

Der Zürcher Stadtrat schreibt: «Bei der Ausarbeitung der Betriebsvarianten des Arbeitsausschusses des Runden Tisches, der Beurteilung und Wertung der von der Unique Flughafen AG vorgeschlagenen Varianten und bei der Schlussabstimmung des Runden Tisches vertrat der Schutzverband aufgrund der internen Mehrheitsverhältnisse jeweils Interessen, die im Wesentlichen nicht mit jenen der Stadt Zürich übereinstimmen.»

Zum Glück fassen sich andere kürzer, verständlicher sind sie aber nicht. Die Zürcher Kantonspolizei: «Vom Garnieren parkierter Autos mittels Rasierschaum oder dem Einpacken derselben mit Toilettenpapier bewegten sich die verübten Streiche meist im grünen Bereich.» Aha, es geht um freche Buben am Schulsilvester.

Bilder können bekanntlich komplexe Sachverhalte veranschaulichen, wenn sie nicht unpassend gemixt werden. Dies tut aber Hewlett Packard mit einem bekannten Märchen: «Storage, das Aschenbrödel-Thema der Informatik, hat sich gemausert und ist in den Mittelpunkt des Interesses getreten.» Hä?

Verunglückt auch der Vergleich, den der Zürcher Volkswirtschaftsdirektor Ruedi Jeker im Radio DRS heranzog: «Es nützt nichts, wenn man eine schöne Frau im Zimmer hat und das Licht ist aus.» Was er meinte: Wenn man´s positiv sieht, dann kommt der Aufschwung - oder so ähnlich.

Zum Trost gibt es auch die, die den Redaktionen ihre Botschaften verständlich mitteilen. Zwar nicht Deutsch, aber deutlich: Die FDP des Kantons Zürich betitelte eine Mitteilung im Juni lakonisch mit «Fagan go home!» Alles klar. (SDA)