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Dienstag
08.02.2011

Nick Lüthi, ehemaliger Chefredaktor des «Klartext» und neuer Projektverantwortlicher beim DAB-Radio Open Broadcast (www.openbroadcast.ch), spricht über die Folgen der Abschaltung des Senders durch die Swiss Media Cast, die Zukunft des Projekts mit der Unikom und seine mediale Tätigkeit.

Klein Report: Herr Lüthi, der DAB-Sender Open Broadcast wurde nach einer superprovisorischen Verfügung gegen Swiss Media Cast SMC wieder aufgeschaltet. Hat das Radio Schaden davongetragen?
Nick Lüthi: Wir sind auch im Internet über einen Webstream empfangbar, da haben die Hörer von der Abschaltung nichts bemerkt. Für die Schweiz ist es schwierig zu schätzen, wie viele Hörer von der Abschaltung betroffen waren, da die Hörerforschung zu Digitalradio noch in den Kinderschuhen steckt.

Klein Report: Dann war die Schweiz also laut Ihres Wissens wenig betroffen?
Lüthi: Wir haben von mehreren Hörern und Nutzern der Plattform schon kurz nach der Abschaltung SMS bekommen, mit der Frage, was denn los sei.

Klein Report: Und wie waren die Reaktionen bei den Partnern, den Gemeinschaftsradios, mit denen Sie eine gemeinsame Bemusterungsplattform aufbauen?
Lüthi: Da haben wir schnell und aktiv kommuniziert, nicht dass man noch auf den Gedanken gekommen wäre, wir hätten uns selbstständig aus dem Äther verabschiedet. Noch ist der Schaden nicht absehbar. Eine solche Abschaltung ist sicher nicht förderlich für das aktuelle Fundraising, das wir für den weiteren Aufbau der Plattform betreiben.

Klein Report: Beim Streit mit Swiss Media Cast geht es vor allem um die Kosten für die Verbreitung des digitalen Radiosignals. Weshalb?
Lüthi: Wir bestreiten, dass die Beiträge so hoch ausfallen müssen und dass diese dem gesetzlichen Auftrag der «kostenorientierten Verbreitung» entsprechen. Es handelt sich hier um einen Präzedenzfall, der mehr als nur unseren Sender betrifft.

Klein Report: Nun ist die superprovisorische Verfügung durchgekommen. Sind sie zuversichtlich, dass auch der definitive Entscheid Ihren Forderungen gerecht wird?
Lüthi: Das ist schwierig zu sagen. Wir haben Vertrauen in Behörden und Justiz und erwarten, dass ein Entscheid mit nachhaltiger Wirkung gefällt wird.

Klein Report: Der Zeitpunkt ist denkbar ungünstig, denn gerade Anfang des Monats hat Open Broadcast zusammen mit Unikom eine Plattform für den Austausch von Musik und Sendungen gestartet. Hat die Abschaltung auch Einfluss auf dieses Projekt?
Lüthi: Nein, die beiden Dinge haben miteinander nichts zu tun.

Klein Report: Was erwarten Sie denn von diesem Projekt, das Künstler und Musiker besser mit den unabhängigen Radiostationen vernetzen soll?
Lüthi: Die Plattform schafft für alle Beteiligten einen Mehrwert. Zum einen ist es dank der Plattform möglich, sämtliche Musik mit den vollständigen Metadaten zu versehen und so eine präzisere Ausschüttung der Urheberrechtserträge für die Rechteinhaber zu ermöglichen, als dies heute der Fall ist. Zum anderen brauchen die Künstler oder Label ihre Werke nur noch einmal auf die Plattform von Open Broadcast raufzuladen und nicht mehr an alle Redaktionen separat zu schicken.

Klein Report: Die Plattform ist noch im Aufbau?
Lüthi: Bisher war die Plattform für die Nutzung durch Einzelpersonen ausgelegt. Nun optimieren wir sie für die Bedürfnisse von Radios, Musikern, Plattenlabels. So werden etwa die Suchfunktionen verfeinert, sodass sich zum Beispiel ein Radio alle Neuveröffentlichungen anzeigen lassen kann.

Klein Report: Sie sind ja nicht nur bei Open Broadcast tätig, sondern arbeiten weiterhin auch als Medienjournalist und Dozent für Medienkritik. Wie geht das?
Lüthi: Da ich seit zehn Jahren als Medienjournalist arbeite, will ich nicht auf diese Tätigkeit verzichten, schreibe aber nicht mehr über Digitalradio, da ich hier nun Partei bin. Radio ist eine alte Liebe: Ich habe schon als Kind Radio gemacht und später auch als Lokalradioredaktor gearbeitet. Nun war es wieder an der Zeit, zu meinen Wurzeln zurückzukehren. In meiner Tätigkeit als Dozent an der ZHAW kann ich ausserdem Wissen an den Nachwuchs weitergeben. Ich mache, was ich spannend finde. Mehr zur Wiederaufschaltung von Open Broadcast.