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Dienstag
23.07.2019

Medien / Publizistik

«Arbeitgeber müssen Verantwortung tragen»

«Arbeitgeber müssen Verantwortung tragen»

Haushoch hatte der Nationalrat Anfang Juni den Vorschlag des Bundesrats zum Schutz von Whistleblowern versenkt. Die Richtlinie sei zu kompliziert und löse das Problem nicht, wurde unter anderem argumentiert. 

Daniel L. Ambühl, Präsident des Schweizerischen Verbandes für interne und integrierte Kommunikation, kommentiert für den Klein Report das Festhalten des Nationalrats am Status quo.

«Frustration führt zu Fehlverhalten: So geht es oft Mitarbeitenden, die auf Missstände im Betrieb aufmerksam machen und deren Anliegen von den Vorgesetzten nicht oder anders als vom Whistleblower erwartet, aufgenommen werden. 

Die arbeitsrechtliche Situation ist in solchen Fällen nicht in jedem Land gleich. In der Schweiz liegt es am Arbeitgeber, darauf einzugehen. Wenn der Arbeitnehmer sich aber übergangen fühlt oder nicht angehört wird, muss er sich gut überlegen, wie er weiter vorgehen will. Er kann sich nicht einfach an eine Aussenstelle oder die Öffentlichkeit wenden. Er muss zuerst ein internes Prozedere einhalten, damit er das arbeitsrechtliche Loyalitätsprinzip nicht verletzt. 

Wenn Whistleblower-Fälle an die Öffentlichkeit gelangen, sind die Medien immer gerne bereit, darüber zu berichten und sie zu kommentieren. Auch die Öffentlichkeit hält sich mit ihrer Meinung nicht zurück. 

In der Vergangenheit hat es in schweizerischen Organisationen ab und zu solch heikle Situationen gegeben, die vom Publikum als nicht befriedigend gelöst betrachtet wurden. Der Ruf nach rechtlicher Regelung folgt dann jeweils auf dem Fuss, insbesondere wenn es um den Schutz von Whistleblowern und Verrätern geht. 

Über die letzten Jahrzehnte haben Medien und Geschäftsleute festgestellt, dass das Verräterproblem in anderen Ländern anders behandelt wird als in der Schweiz. So lautet der Ruf der ,Aufgeklärten’ denn auch nach verstärkter Verantwortung der Vorgesetzten und nach Einführung unabhängiger Anlauf- oder Beschwerdestellen in oder auch ausserhalb der Organisation. Ja, sogar von einer staatlichen Funktion ist ab und zu die Rede.

Bestehende Ombudsstellen werden meist als nicht ausreichend neutral und verschwiegen betrachtet. Mittlerweile gibt es in den Dienstleistungs-, also drittsektorlastigen Ländern eine Vielzahl von Beratungsangeboten. Im Internet stösst man schneller auf unzählige Beraterangebote als auf eine halbwegs vernünftige Definition des ,Betriebsverrates’. Whistleblowing ist so heute zum Business verkommen. 

Das Schweizer Parlament hat sich in den letzten Monaten intensiv mit Whistleblowing und allfälligen Änderungen oder Nachbesserungen des geltenden Rechts befasst. Letztlich sind die Politiker beim Status quo geblieben. Interessenvertreter bemängeln dies nun und werfen der Schweiz Rückständigkeit vor. 

Tatsächlich muss aber jeder Arbeitgeber die Verantwortung selber tragen. Sinnvollerweise setzt er dafür ein internes ,Whistleblower-Reglement’ ein, schafft die nötigen Abläufe und kommuniziert diese Möglichkeit des ,Feedback-Gebens’ seinen Mitarbeitenden. 

Dies ist auch im Vergleich zu ausländischen Lösungen wesentlich effizienter als zusätzliche legalistische Massnahmen. Letztlich ist das Obligationenrecht ja nicht da, um Juristen zu beschäftigen, sondern um - im Falle des Arbeitsrechts - die Zusammenarbeit innerhalb und ausserhalb einer Organisation zu regeln, dazu gehört auch der Verrat, in welchem Zusammenhang auch immer.»