Zwei Wochen nach ihren Plädoyers kommt einer der fünf inhaftierten «Cumhuriyet»-Journalisten frei: Die türkische Justiz hat am Montag entschieden, den Karikaturisten Kadri Gürsel auf freien Fuss zu setzen – bis zu einem Gerichtsurteil und unter Auflagen.
Dagegen bleiben Murat Sabuncu, Chefredaktor der regierungskritischen Tageszeitung, Herausgeber Akin Atalay, Investigativjournalist Ahmet Sik und Buchhalter Emre Iper aufgrund von zum Teil grotesken «Terrorismus»-Vorwürfen in Untersuchungshaft.
Den Verbliebenen drohen zwischen sieben und 43 Jahre Gefängnis. Der Prozess gegen die insgesamt 18 «Cumhuriyet»-Mitarbeiter geht Ende Oktober weiter. Auf einem Video war am Mittwoch zu sehen, wie Gürsel nach der Freilassung von seiner Frau empfangen wird.
Das Klima ist aufgeheizt, hetzerisch. Journalisten, die über den «Cumhuriyet»-Prozess berichteten wie Ertugrul Mavioglu oder der Türkei-Korrespondent von Reporter ohne Grenzen, Erol Önderoglu, wurden angefeindet. In regierungsfreundlichen Medien wurden sie als «Verräter» und «Feinde Erdogans» an den Pranger gestellt.
Die Anklageschrift gegen die «Cumhuriyet»-Journalisten wurde Anfang April vorgelegt. Einige der Inhaftierten sassen damals schon seit einem halben Jahr in Untersuchungshaft. Ihnen wird die angebliche Unterstützung von terroristischen Organisationen vorgeworfen, darunter die Gülen-Bewegung und die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK.
Beobachter sprechen von «Willkürjustiz», mit dem regierungskritische Stimmen mundtod gemacht werden sollen. Laut der türkischen Medienplattform P24 sitzen derzeit 170 Journalisten in der Türkei in Haft.