Die Aufregung ist gross, auch ein Tag nach der Übernahme der CS durch die UBS. Aber langsam setzt sich der Staub von dieser Explosion einer wirtschaftspolitischen Bombe am Sonntagabend. Die Medien beginnen mit der Einordnung.
Seither beherrscht das Thema alle wichtigen Sendeplätze und Schlagzeilen. Bereits nach dem Streaming der Medienkonferenz am Sonntagabend mit internationalem Interesse in Bern, ging die SRF-«Tagesschau» zwei Minuten früher auf Sendung.
Auf ARD war dann der Sonntagskrimi mit dem Untertitel «Zwischen Glauben, Hoffen, Angst und Lüge» angesagt. Die Umschreibung passte auch zum Ersatzprogramm, das SRF anstelle von Tina Turner mit «Simply The Best» auf die Beine stellte. Tatsächlich fanden am Montag die TV-Kritiker und -Kritikerinnen für einmal die Arbeit von SRF auch ohne Tina unisono «Simply The Best».
Auf dem Bildschirm lief ein «SRF News Spezial» unter dem Titel «Beben auf dem Finanzplatz», moderiert von SRF-Wirtschaftsjournalist Reto Lipp. Später widmete sich eine Spezial-«Arena» dem aktuellen Geschehen. Ausnahmsweise mal Sonntagsarbeit für Sandro Brotz.
Ebenfalls bereits am Sonntagabend eine Aussendung der Bundesverwaltung in Bern: «Der Bundesrat begrüsst die geplante Übernahme der Credit Suisse durch die UBS. Um die Finanzmarktstabilität zu stärken, bis die Übernahme vollzogen ist, leistet der Bund die Garantie für eine zusätzliche Liquiditätshilfe der Schweizerischen Nationalbank (SNB) an die Credit Suisse. Diese Unterstützung dient dazu, die Liquidität der Credit Suisse und damit auch eine erfolgreiche Umsetzung der Übernahme zu gewährleisten. Sie erfolgt zum Schutz der Finanzstabilität und der Schweizer Volkswirtschaft.»
Die Stellungnahme von Economiesuisse folgte gleichfalls noch am Sonntagabend um 22.15 Uhr: «Mit seinem drastischen Eingreifen hat der Bundesrat heute eine Destabilisierung des Schweizer Finanzplatzes mit unabsehbaren Folgen verhindert. Angesichts der sich überschlagenden Ereignisse der letzten Stunden und Tage unterstützt Economiesuisse diesen Schritt, bedauert es aber ausdrücklich, dass es so weit gekommen ist.»
Die Schweizer Wirtschaft sei auf ein funktionierendes Bankensystem angewiesen. Leider sei es der Credit Suisse in den letzten Wochen und Monaten nicht gelungen, die geplanten Restrukturierungen rechtzeitig umzusetzen und die Abwärtsspirale aufzuhalten, schreibt Economiesuisse weiter. Und folgert: «Ein Konkurs einer systemrelevanten Bank hätte gravierende und untragbare Konsequenzen für die Schweizer Wirtschaft zur Folge gehabt und hätte auch im derzeitigen Umfeld weltweit Schockwellen ausgelöst.»
Das hat man auch im Ausland so gesehen.
Für die Europäische Zentralbank begrüsste Präsidentin Christine Lagarde das rasche Handeln und die Entscheidungen der Schweizer Behörden. «Sie sind entscheidend für die Wiederherstellung geordneter Marktbedingungen und die Gewährleistung der Finanzstabilität.»
In den Medien hat derweil die Suche nach den Schuldigen angefangen. Die «Financial Times» schreibt, die Schweizer Behörden hätten keine wirkliche Wahl gehabt. Letztendlich hätten die Kundinnen und Kunden der CS über das Schicksal der Bank entschieden, indem sie in Scharen Geld von der Bank abgehoben hätten. Dazu zeige der CS-Niedergang, «dass Arbeit im Bereich Bankenrisiko nötig ist». Das Bankgeschäft beruhe auf Vertrauen und die Stimmung könne sich schnell ändern.
Die Kultur einer Bank sei deshalb zu wichtig, «um sie auf die leichte Schulter zu nehmen».
In den USA analysiert das «Wall Street Journal», der Niedergang der Bank habe seine Wurzeln in der Art und Weise, wie sie die letzte Finanzkrise in einem «Überschwang der Gefühle» überstanden habe. Als das Finanzsystem 2008 zusammenbrach, sei die Credit Suisse in besserer Verfassung als viele Konkurrenten gewesen. Sie habe daher aber den Wandel des Bankgeschäfts verpasst und sich auf diesen zu langsam eingestellt.
Für «Le Monde» war klar: «UBS bewahrt Schweizer Finanzplatz vor Debakel». In Deutschland wertete das «Handelsblatt» den Merger als «Bedeutendste Bankenfusion in Europa seit Finanzkrise». Was die Öffentlichkeit nun sehe, sei ein «historischer Deal».
Beim «Spiegel» sah man das «Ende einer Ikone». Im Magazin wird befürchtet, dass mit dem Kauf der CS durch die UBS die Ruhe im internationalen Bankensystem noch nicht einkehren werde. Wenn sich die «abgewirtschaftete CS» vom Erzrivalen retten lassen müsse, sei das «der entwürdigende Schlusspunkt einer Talfahrt – und womöglich der Auftakt einer noch grösseren Krise.»
Einen ersten Aspekt einer solchen sieht am Montag bereits Peter Kurz. Der auf Bankenrecht spezialisierte Rechtsprofessor hält das Notrecht, auf das sich der Bund bei der forcierten Übernahme der Credit Suisse durch die UBS stützt, «für eine unzureichende Rechtsgrundlage». Er rechnet daher mit Klagen gegen die Eidgenossenschaft, wie er in Interviews im «Blick» und den Tamedia-Titeln kundtat.
Noch am Freitag habe man der Öffentlichkeit gesagt, dass die Bank liquide sei und kein Notfall bestehe. An dieser Aussage, so Kunz, könnten die Grossaktionäre den Bund festnageln.
«Klagen werden kommen», ist der Professor deshalb überzeugt. Namentlich, weil die Investoren wie zum Beispiel die arabischen bei der Festlegung des Übernahmepreises vor vollendete Tatsachen gestellt worden seien.
Ein solches Vorgehen werde den Finanzplatz «nachhaltig beschädigen».