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Freitag
14.02.2025

Medien / Publizistik

Das Bundesgericht hebt den journalistische Quellenschutz nicht auf, wie es die Bundesanwaltschaft gefordert hatte... (Bild: © zVg / bger.ch)

Das Bundesgericht hebt den journalistische Quellenschutz nicht auf, wie es die Bundesanwaltschaft gefordert hatte... (Bild: © zVg / bger.ch)

Für das Bundesgericht ist der journalistische Quellenschutz wichtiger als die Aufklärung der Affäre um die Corona-Leaks.

Gemäss einem am Freitag publizierten Urteil bleiben die Mails zwischen Peter Lauener, Kommunikations-Chef des damaligen Innenministers Alain Bersets, und dem Ringier-CEO Marc Walder unter Verschluss. Das Gericht in Lausanne bestätigt damit den Entscheid des Berner Zwangsmassnahmengerichts.

«Die Bundesanwaltschaft (BA) erhält keinen Zugriff auf Daten, die sie im Rahmen ihrer Strafuntersuchung wegen Amtsgeheimnisverletzung im Zusammenhang mit Covid-19-Geschäften des Bundesrates beim damaligen Kommunikationschef des Eidgenössischen Departements des Inneren (EDI) und beim CEO der Ringier AG sichergestellt hat», schreibt das Bundesgericht am Freitag in einer Mitteilung zum Urteil vom 31. Januar.

Der journalistische Quellenschutz stehe einer Entsiegelung entgegen, so das Gericht weiter.

Der Knackpunkt dieses Verfahrens ist aber, dass sich der Medienmanager Walder auch vor Bundesrat Alain Berset als CEO eines Medienkonzerns präsentiert hat, wie aus dem Bericht der Geschäftsprüfungskommission hervorgeht, in dem Berset darüber berichtet und ausführlich Stellung genommen hat.

Im aktuellen Verfahren hat sich Walder aber als Journalist dargestellt und sich deshalb auf den Quellenschutz berufen.

Für das Bundesgericht ist es ausgemacht, «dass der CEO der Ringier AG und die für das Unternehmen tätigen Medienschaffenden vom Geltungsbereich des Quellenschutzes erfasst sind». 

Die Bundesanwaltschaft stellte sich in ihrer Beschwerde dagegen auf den Standpunkt, dass die Berufung auf den Quellenschutz im vorliegenden Fall missbräuchlich sei, weil es nicht um die Aufdeckung von Missständen gehe, sondern um eine «Instrumentalisierung der Medien» und um eine «Beeinflussung der obersten Exekutivbehörde der Eidgenossenschaft». 

Dieser Argumentation konnte das Bundesgericht nicht folgen. Für die Frage, ob der Quellenschutz ausnahmsweise zu durchbrechen ist oder nicht, sei das Motiv des Informanten nicht entscheidend. Und zwar selbst dann, «wenn von dessen Seite ein täuschendes Verhalten vorliegen sollte». 

Gemäss den Bundesrichtern gewichtet der Gesetzgeber das Vertrauensverhältnis zwischen Informanten und Medienschaffenden höher als das Bedürfnis nach Sachverhaltsaufklärung. 

Medienschaffende haben ihre Quellen demnach nur offenzulegen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen dafür erfüllt sind. Dies ist der Fall, wenn es um die Aufklärung schwerer Straftaten geht oder wenn die Aussage erforderlich ist, um eine Person aus einer unmittelbaren Gefahr für Leib und Leben zu retten.

Nicht zu dem Ausnahmen gemäss Artikel 172 der Strafprozessordnung gehört die Amtsgeheimnisverletzung, weshalb der Quellenschutz im Fall der Corona-Leaks «ohne Einschränkung» gelte, so das Bundesgericht weiter. 

«Gegenstände und Unterlagen aus dem Verkehr mit Personen, die sich auf den Quellenschutz berufen können, dürfen nicht beschlagnahmt werden. Das gilt unabhängig davon, wo sich die Unterlagen befinden; der Quellenschutz kommt also auch dann zum Tragen, wenn sich solche Unterlagen oder Gegenstände beim Informanten selber befinden.»

Dass die Standleitung zwischen Berset und Walder überhaupt ans Licht kam, war Zufall. Die Geschäftsprüfungskommissionen des National- und Ständerates hatten 2020 im Zusammenhang mit der sogenannten «Crypto-Affäre» Strafanzeige gegen Unbekannt wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses erhoben. 

Die Bundesanwaltschaft setzte den ausserordentlichen Staatsanwalt Peter Marti ein, der 2022 seiner Aufsichtsbehörde meldete, auf Zufallsfunde gestossen zu sein. Daraus ergäbe sich der dringende Tatverdacht, dass Peter Lauener, damaliger Leiter Kommunikation im EDI, im Zusammenhang mit Covid-Geschäften des Bundesrates mehrfach vertrauliche Informationen an Ringier-CEO Marc Walder weitergegeben habe.

Das Verfahren wurde daraufhin ausgeweitet. Im Mai 2022 wurden am Wohnort und am Arbeitsplatz von Peter Lauener Durchsuchungen durchgeführt und mehrere Laptops, Datenträger und die Daten von einem Mobiltelefon sichergestellt. Auch bei Marc Walder wurden Laptops und ein Mobiltelefon sichergestellt. Die Ringier AG übermittelte später noch weitere verlangte Daten. 

Doch auf Ersuchen der Betroffenen wurden die Geräte beziehungsweise die Daten versiegelt, so dass die Bundesanwaltschaft ihrerseits 2022 um Zugriff auf die sichergestellten Geräte und Daten verlangte. Doch das Zwangsmassnahmengericht des Kantons Bern lehnte dies im Mai 2024 ab.

Diesen Entscheid hat die Bundesanwaltschaft ans Bundesgericht nach Lausanne weitergezogen – und ist mit ihrer Beschwerde nun vor der letzten Instanz gescheitert.