Der Schweizer Ableger der Jugendmarke Vice befindet sich mitten in einem grösseren Umbruch. Seit September steht Vice Switzerland ohne CEO da. Und Chefredaktor Sebastian Sele nimmt sich im Herbst eine «Auszeit», wie er gegenüber dem Klein Report sagte.
Als Teil der DACH-Organisation muss sich Vice Switzerland teilweise neu erfinden. So haben Geschäftsführer Patrick Viert und Managing Partner Raffael Leu das Unternehmen unterdessen verlassen, weil sie mit der künftigen Ausrichtung des Zürcher Standortes nicht zufrieden waren.
Einen neuen CEO hat der Schweizer Standort bis dato nicht präsentiert: «Neue Personalien für unser Schweizer Office werden wir zeitnah bekannt geben», sagt Kristof Albrink, Corporate Communications Manager DACH, auf Nachfrage des Klein Reports.
Ähnlich verschwommen wie die Zukunft im Management sind die redaktionellen Verschiebungen, die im Rahmen der neuen DACH-Organisation vonstattengehen. Die Redaktion in Zürich wird entmachtet, das Sagen hat nun offiziell Deutschland. Kristof Albrink erklärt das so: «Laura Himmelreich verantwortet die Strategie für Vice als Medium im DACH-Raum und achtet darauf, dass sich alle Redaktionen, alle Websites, alle Länder ideal entwickeln und voneinander lernen.»
Sebastian Sele, aktuell Chefredaktor von Vice Switzerland, sieht die neue Hierarchie aber positiv: «Mir kommt das ganz persönlich entgegen. Im Rahmen der Entwicklungen hin zur DACH-Region habe ich gemeinsam mit meinem lokalen Ansprechpartner vor einigen Monaten den Prozess angestossen, administrative Führungsaufgaben nach DACH abzugeben», sagt er dem Klein Report.
So könne er sich wieder mehr dem Schreiben und grösseren Recherchen widmen, führte Sele weiter aus. Tatsächlich ist auffällig, dass die Schweizer Redaktion in den letzten Monaten nur sporadisch Beiträge für vice.com geschrieben hat: Die drei Journalisten, die neben dem Chefredaktor fest bei Vice in Zürich angestellt sind, sind nämlich überwiegend für Verticals wie Munchies oder Noisey eingespannt - für vice.com bleibt da kaum noch Zeit.
Auf die Frage des Klein Reports, weshalb die Redaktion seit Monaten kaum Artikel für vice.com liefert, wiegelt Kristof Albrink ab: «Wie jedes andere Medium äussern wir uns natürlich nicht zur internen Ressourcenplanung, laufenden Recherchen und Projekten.» Vice werde in Zukunft in der Schweiz «mehr und relevantere Artikel publizieren als je zuvor», so Albrink. Als Beispiel nennt er ein Porträt, das aber bereits Ende Mai publiziert wurde.
Der Mediensprecher sagt weiter, dass die Redaktionen in der Schweiz und in Österreich ihr Tagesgeschäft weiterhin eigenständig organisieren. «Aber natürlich stehen alle Redaktionsleitungen im engen Austausch miteinander, um Ressourcen länderübergreifend ideal zu nutzen und möglichst viele Inhalte zu produzieren, die maximal viele Leute in allen drei Ländern erreichen.»
Allerdings mache Chefredaktor Sebastian Sele im Herbst zunächst eine «Inspirations- und Verschnaufpause». Danach werde er in der Rolle eines «seniorigen Redaktors» zurückkehren, beschreibt Kristof Albrink dem Klein Report die künftige Funktion des aktuellen Redaktionschefs.
Sele selber sieht seiner persönlichen Zukunft innerhalb der neuen Struktur, bei der Berlin den Takt angibt, durchaus positiv entgegen: «Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit den DACH-Kollegen, besonders auf das Entwickeln von neuen redaktionellen Projekten mit Felix Dachsel, der ab 1. Oktober die Chefredaktion für vice.com übernimmt.»