Mehr als 30 Jahre lang hat der Tessiner Grafiker Celestino Piatti die Taschenbücher des dtv geprägt. 6'000 Titel sind in seiner Zeit beim Verlag herausgekommen. Piattis Cover finden sich seither auf 200 Millionen Büchern.
Am 5. Januar könnte der Designer seinen 100. Geburtstag feiern. Seine Kinder schenken ihm dazu ein Buch. Mehr als zwei Kilogramm schwer ist das Werk mit Celestino Piattis schönsten Arbeiten sowie erinnerungswürdigen Anekdoten.
Elf Verleger – darunter Hanser, Piper sowie Kiepenheuer & Witsch – gründeten 1960 eine gemeinsame Taschenbuchreihe: den Deutschen Taschenbuchverlag (dtv). Bei einem Pitch in München wurde der Schweizer Grafiker Celestino Piatti für die Gestaltung ausgewählt.
Er schlug für das Cover einen weissen Hintergrund vor, obwohl damals möglichst bunt üblich war. Oben rechtsbündig in schwarzer Schrift Autor und Titel, Akzidenz-Grotesk, halbfett. Unten eine Illustration. Als Verlagsname schlug Piatti die Abkürzung dtv vor.
Bis 1996 hielt sein Konzept. Dann war wieder mehr Unterhaltung als Nüchternheit gefragt.
Piattis erstes Cover: «Irisches Tagebuch» von Heinrich Böll. Damals waren es 20 Taschenbücher pro Jahr, später mussten 70 gestaltet werden. Der Wiedererkennungswert für das Marketing war enorm, obwohl sich Aquarell, Tuschzeichnung, Linolschnitt und Fotomontage abwechselten.
Heute sind es bei dtv 500 Ausgaben pro Jahr. Celestino Piatti verstarb 2007. Er kam aus einer Handwerksfamilie im Tessin. Sein Vater war Maurer. Deshalb habe ihn der Begriff «Gebrauchsgrafik» nie gestört.
Dass er dennoch Kunst machte, zeigen jetzt die Kunsthistorikerin Barbara Piatti und Claudio Miozzari in ihrem Buch «Alles, was ich male, hat Augen», erschienen beim Merian Verlag/dtv.
Sie konnten für ihre Würdigung auf einen enormen Schatz in einer Lagerhalle zurückgreifen. Dort entdeckten sie auch viel Werbung noch einmal neu, die Celestino Piatti mit 500 Plakaten für Rolex, Knorr, Gauloises, Pro Juventute, gegen Atomkraft oder für den Umweltschutz machen durfte. Die Halle sei «voll mit Entwürfen und Vorentwürfen», schreiben sie zu ihrem Buch.