«Wenn du im Recht bist, musst du kämpfen, kämpfen, kämpfen.» In der Sache mache Carla Del Ponte nie Kompromisse, auch nicht für Freunde.
Wer geradlinig sei, komme vielen in die Quere, schreibt Balz Ruchti im Porträt über die ehemalige Schweizer Bundesanwältin und Strafverfolgerin, die vom Magazin «Beobachter» mit dem «Prix Courage Lifetime Award» ausgezeichnet wird - für ihren «lebenslangen Kampf gegen Mafiafürsten und Kriegsverbrecher».
Del Ponte war von 1994 bis 1998 Bundesanwältin der Schweizerischen Eidgenossenschaft und von 1999 bis 2007 Chefanklägerin des Internationalen Strafgerichtshofes für die Kriegsverbrechen im ehemaligen Jugoslawien sowie für den Völkermord in Ruanda in Den Haag.
«Ich habe immer ausschliesslich dem Gesetz gehorcht, nichts anderem», zitiert Balz Ruchti die Tessinerin, die mit drei Brüdern in Bignasco, wo ihre Eltern ein Hotel besassen, aufgewachsen ist. Del Ponte sei unbeirrbar und unbequem gewesen, Eigenschaften, die sie zu dem werden liessen, was sie ist.
«Ich hatte stets direkten Zugang zum Generalsekretär», so Del Ponte. «Wenn ich im Uno-Hauptquartier in New York in den Lift stieg, drückte der Portier sofort auf den Knopf für den 33. Stock, wo Kofi Annan sein Büro hatte.»
Personenschutz habe sie heute nicht mehr, nachdem sie sich fast 30 Jahre lang nicht frei bewegen konnte. «Das reicht.» Sie sei so weit gekommen, «was soll mir jetzt noch passieren?» Heute sei sie begeisterte Grossmutter und auf dem Golfplatz fast ebenso engagiert wie früher im Gerichtssaal.
Ende Jahr ziehe sie sich aus der Öffentlichkeit zurück. Wenn nicht, ja, wenn die Uno nicht doch noch ein Syrientribunal einrichte. Dann stünde die Kämpferin zur Verfügung, wie sie erklärt. «Niemand hat mehr Erfahrung in solchen Dingen als ich. Aber es eilt, ich werde nicht jünger.»
«Der Beobachter» ehrt Carla Del Ponte im Rahmen der «Prix-Courage»-Vergabe für ihr Lebenswerk.
Die weiteren Gewinnerinnen und Gewinner werden am 1. November bekanntgegeben.