«Facebook sieht uns Journalisten wohl als Konkurrenz», meint der Brasilianer Emerson Souza im Gespräch mit dem Klein Report am Festival Cannes Lions, das am Samstagabend zu Ende ging.
So durften keine Journalisten beim Facebook-Stand Einlass nehmen. Dieses Phänomen sieht Souza, der zum 13. Mal am Festival ist, erstmals am Cannes Lions und kann es sich nur so erklären, dass Facebook mehr und mehr selber Content produziert und deshalb die Türen für andere Medien schliesst.
David Guerin vom französischen Radio Fusion findet harte Worte für diese Abschottung. Er empfindet Facebooks Verhalten als «widerlich». Er verstehe überhaupt nicht wieso sie das täten.
Abgesehen davon fühlen sich die Journalisten am Cannes Lions gut aufgehoben. Guerin lobt die Organisation, das Pressezentrum und Regelmässigkeit, mit welcher die Presse mit Informationen versorgt wird: «Die Festivalorganisation ist wirklich hier, um uns zu helfen», meint der Franzose und Neuling am Werbefilmfestival.
Das Pressezentrum befindet sich im obersten Stock des Kongresszentrums und versüsst die Arbeit der Journalisten unter anderem mit einer eindrücklichen Aussicht auf den Hafen von Cannes. Um den Journalisten die Arbeit zu erleichtern, gibt es für sie ein eigenes Wifi-Netzwerk. Laut Souza gab es dieses Jahr ausnahmsweise auch keine Probleme mit dem Internet. Er bezeichnet die Organisatoren vor Ort als sehr «hilfsbereit» im Zusammenhang mit der Pressearbeit.
Hilde Nyman aus Norwegen erinnert sich ungern an die Jahre zurück, als das Pressezentrum noch im Keller war - ohne Fenster und ohne Klimaanlage. Für sie zählen aber schlussendlich die kleinen Dinge im Leben: «Dieses Jahr haben wir auch endlich genug Stromsteckdosen, was in der heutigen Zeit elementar ist bei der Arbeit.»
Der Klein Report sprach am Cannes Lions mit zwei Journalisten aus zwei Ländern, die unterschiedlicher nicht sein können, über die Resultate ihrer Heimatländer am Cannes Lions. Hilde Nyman vom norwegischen «Kampange» ist das sechste Mal am Werbefilmfestival in Cannes. Norwegen hat dieses Jahr nur ein goldener Löwe gewonnen und war auch weniger stark auf der Shortlist vertreten.
An was das liege, habe sich Nyman und andere Norweger schon oft gefragt und nun am Cannes Lions ihr sehr erfolgreiches Nachbarland befragt: «Ich habe gerade eine schwedische Werbetexterin interviewt, dessen Land immer viele Preise abräumen und ihre Erklärung ist ziemlich simpel: Nachdem Schweden vor ein paar Jahren einmal gewonnen hat, inspirierten sie sich noch mehr zu gewinnen. Sie fanden mehr Motivation und Partner, um noch ambitionierter aufzutreten. So reiten sie heute immer noch auf einer erfolgreichen und guten Welle. Dies scheint für mich auch eine logische Erklärung».
Dass die Norweger nicht all zu viele Löwen gewinnen, liege laut Nyman wohl auch daran, dass sie früher zu viel Humor in ihre Werbungen integrierten, welche die Juroren nicht verstanden und auch nicht als lustig empfanden. Zwar senden sie heute genauso viele Cases ein wie früher, jedoch scheinen diese auch mit weniger Humor nicht sehr zu gefallen.
Im Gegensatz zu Norwegen, weiss Brasilien, welches bereits 56 Löwen gewann, ganz genau was sie können: «Brasilien hat eine sehr ausgeprägte kreative Community. Dafür sind wir nicht so gut im Investieren und in der Propaganda», meint Journalist Emerson Souza vom «Reclame Editorial Content» zu der Leistung seiner Heimat. Er fügt an: «Unser Land muss übergreifend wieder kreativer werden, denn der traditionelle Brasilianer nutzte immer Kreativität, um Probleme zu lösen, und wir haben momentan genug Probleme bei uns.»