Die politische Korrektheit wird wieder einmal zur Realsatire. In den staatlichen Museen in Dresden müssen unzählige Kunstwerke aus historischen Zeiten umbenannt werden. Offenbar soll es der aktuelle Zeitgeist so wollen.
Im 18. Jahrhundert machte August der Starke, Kurfürst von Sachsen und König von Polen in Personalunion, die Stadt Dresden zur Kunstmetropole Europas. Seither locken die Museen im «Zwinger» mit einer Gemäldegalerie für alte Meister, das Kupferstichkabinett, das Grüne Gewölbe oder das Albertinum mit einem Museumsverbund von 15 Häusern jährlich fast 2,5 Millionen Besucher aus der ganzen Welt nach Dresden.
Die Kunstkennerinnen und Kunstkenner wissen oft ganz genau, was sie in Dresden sehen wollen. Doch in Zukunft werden ihre gesuchten Werke nicht mehr so einfach zu finden sein. 143 dieser Gemälde, Skulpturen oder Objekte werden inzwischen nämlich unter neuen Namen gelistet. Nicht mehr erlaubt sind zum Beispiel «Zwerg», «Zigeuner» oder «Eskimo». Das Kunstwerk «Zigeunermadonna» heisst somit jetzt «Madonna mit stehendem Kind», der «Kopf eines Negerknaben» fingiert neu als «Studienkopf eines jungen Mannes».
Auch der weltberühmte «Mohr mit Smaragden» im Juwelenzimmer des Grünen Gewölbes ist der Zensur zum Opfer gefallen. Die prunkvolle Figur wurde 1727 vom Hofgoldschmied Johann Melchior Dinglinger aus Birnbaumholz geschnitzt. Nun ist das Werk im Katalog nicht mehr zu finden, weil das Wort «Mohr» zum Unwort erklärt wurde. In der Online-Datenbank der Staatlichen Kunstsammlungen wurde die Bezeichnung durch vier Sternchen ersetzt.
Seit Anfang 2020 durchkämmen die Kuratorinnen und Mitarbeitenden der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden die Titel der Werke auf politische Korrektheit. Laut sächsischem Tourismusministerium sollen inzwischen 143 Kunstwerke «auf rassistische oder anderweitig diskriminierende Begriffe oder Inhalte» geprüft und politisch korrekt umbenannt worden sein.
Die Behörde will es dabei nicht belassen, denn der Bestand aller bislang in der Daphne-Datenbank erfassten Objekte in Dresden beträgt rund 1,5 Millionen Stück.
Die Kritik für die Kunstaktion ist nicht ausgeblieben. In der «Bild»-Zeitung meint der Historiker Michael Wolffsohn: «Merken denn die Umbenenner vom Dienst nicht, wie sehr sie sich und die eigentlich gute Absicht zum Gespött machen?»
Reinhard Spieler ist Vorstandsmitglied des Deutschen Museumsbunds und findet, eine Tabuisierung bestimmter Wörter dürfe es in Museen nicht geben. «Wir sind als Museen historische Institutionen und wir wollen eigentlich sichtbar machen, dass man in anderen Kulturen und zu anderen Zeiten andere Werte vertreten hat. Das ist der Sinn von Museen.»
Andere Museen wollen denn auch nicht mitziehen. Thomas T. Müller, Direktor der Mühlhäuser Museen in Thüringen sagt, wenn der Künstler selbst dem Bild einen Namen gegeben hat, falle «das fast unter das Urheberrecht».
Auch der Klein Report hat sich zu diesem modernen Bildersturm seine Gedanken gemacht. Wir finden, wenn die Menschen als höchste Rasse der Evolution schon politisch korrekt sein wollen, dann sollten sie auch die Tiere miteinbeziehen. Das musikalische Lustspiel «Der schwarze Hecht» könnte man in Zukunft wertschätzender als «Goldfisch» auf die Bühne bringen. Und auch der kleine Zwergpinscher könnte sich beim «Gassi führen» etwas respektierter fühlen, wenn seine Rasse in Zukunft mit «Bonsai Bulldogge» bezeichnet würde.