Trotz der am Donnerstagabend vom Verband Schweizer Privatradios (VSP) verbreiteten grossen Skepsis betreffend Digitalradio DAB+ machen die Förderer dieser Technologie weiter wie geplant. Der für September vorgesehene Start von acht Privatsendern unter der Leitung von Swiss Media Cast AG (SMC) werde «wie geplant den Sendebetrieb aufnehmen», teilte der an diesem Vorhaben beteiligte Ringier-Konzern («Radio for Youngsters») am Freitag auf Anfrage des Klein Reports mit. Auch bei SMC-Präsident Günter Heuberger mochte keine Katastrophenstimmung aufkommen: «Wenn jemand aussteigen will, kann er das tun, aber ich habe bisher nichts Derartiges gehört», sagte er gegenüber dem Klein Report.
Seitens der ebenfalls auf der Seite der DAB+-Befürwortern stehenden Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) betonte Daniel Steiner, es gebe in der Schweiz 300 000 DAB-Empfänger, von denen mindestens 250 000 DAB+-tauglich seien. Vor allem im ersten Halbjahr 2009 seien gut 100 000 DAB+-Geräte verkauft worden. Ueli Custer von der Interessengemeinschaft Elektronische Medien (IGEM) sprach in diesem Zusammenhang sogar von einem eigentlichen Boom.
Anderseits verkauft der Fachhandel in der Schweiz (noch) keine Empfänger der vom VSP aus finanziellen Gründen befürworteten HD-Radio-Technik. Die Angabe des VSP, in den 3,2 Millionen Schweizer Haushalten und zugehörigen Autos seien 20 Millionen UKW-Radios im Einsatz, bezweifelte Daniel Steiner: «Die Zahl 20 Millionen UKW-Radios in Schweizer Haushalten ist völlig aus der Luft gegriffen und wissenschaftlich nicht nachgewiesen.» «Wir verkaufen, was das Publikum will», sagte dazu ein Zürcher Heimelektronik-Händler, «die Leute müssen sich halt entscheiden, ob sie Radio auf UKW, DAB+, HD-Radio oder im Internet hören wollen.» Vermutlich werde es in Zukunft für alle Technologien einen Markt geben und keinen alleinigen Standard wie bisher UKW.
Als schweren Schlag für die DAB+-Technik stufte IGEM-Geschäftsführer Ueli Custer den Entscheid der deutschen Fachbereichsversammlung Radio und Audiodienste des Verbandes Private Rundfunk und Telemedien (VPRT) gegen die für Herbst 2009 geplante Einführung von DAB+-Radio in Deutschland ein. «Wenn Deutschland ablehnt, wird es auch in der Schweiz sehr schwierig für DAB+», sagte er. Denn dann würden die Autohersteller diese Geräte nicht in die Autos einbauen, was laut Tony Immer von Radio Zürisee (DAB+-Sender «Radio.ch») «matchentscheidend» sein werde. «Da haben bei mir die Alarmglocken geläutet, als ich das gehört habe», beschied er dem Klein Report. - Schuss vor den Bug von DAB+ vom Privatradioverband: Schwerer Dämpfer für Digitalradio DAB+
Freitag
26.06.2009