Für einen Bundesrat – wie in den Jahren davor – hat es nicht gereicht am diesjährigen Swiss Media Forum.
Stattdessen eröffnete am Mittwoch Bundeskanzler Walter Thurnherr das Branchentreffen. Und er hielt die versammelten Medienleute mit Aperçus bei Laune: zu der in die Kritik geratenen Öffentlichkeitsarbeit des Bundesrats.
«Ab und zu ist man – wenn man sie kennt – ziemlich überrascht, welche Fähigkeiten und vor allem welche Unfähigkeiten den Bundesräten zugemutet werden», suchte der Mann, der als «achter Bundesrat» die sieben anderen Top-Magistraten aus nächster Nähe kennt, einen Einstieg ins Thema, der Öffentlichkeitsarbeit des Bundesrats.
Da werde nicht selten übertrieben, denn bis «auf Ausnahmen» seien die Mitglieder des Bundesrates «normalsterbliche Lebewesen». Wahrscheinlich verdienten nicht alle Bundesräte einen Nobelpreis, aber vielleicht liefen auch nicht alle Bundesratssitzungen so ab, wie einem zugetragen werde. «Wer darüber berichtet, sollte das bedenken. Etwas nicht zu wissen, ist ein akzeptabler Grund, es auch nicht zu schreiben.»
Dass der Bundesrat früher professioneller und kollegialer kommuniziert habe, ist aus Sicht des Bundeskanzlers eine Mär.
«Die inzwischen reflexartig geübte Kritik an der Kommunikation des Bundesrates ist in den letzten Jahren in allen Abstufungen, von der sorgfältigen Analyse bis zur schnoddrigen Witzelei, zum festen Bestandteil jedes durchschnittlich geistreichen Bundeshausjournalismus geworden.»
Doch früher sei eben nicht einfach alles besser gewesen in Bundesbern. Während der Spanischen Grippe, die in einzelnen Monaten über 10’000 Tote forderte, wandte sich der Bundesrat praktisch nie an die Öffentlichkeit. Und noch bis weit ins 20. Jahrhundert hinein kannte der Bundesrat keine Klassifizierung «intern», «vertraulich» oder «geheim». Stattdessen versah er einfach einzelne Bundesratsgeschäfte mit grünen Klebezetteln, auf denen stand: «Nicht für die Presse».
«Fragen Sie mich nicht, welche Kriterien dabei verwendet wurden. Regelmässige Pressekonferenzen, so wie wir sie heute kennen, fanden ohnehin keine statt», schlug Walter Thurnherr den Bogen ins Jetzt.
Natürlich würden auch Fehler passieren. Aber bevor man mit der Kritik zu weit aushole und «das angeblich verluderte Kommunikationshandwerk der Gegenwart einer glorreichen oder heilen Vergangenheit gegenüberstellt, sollte man nochmals die Akten konsultieren».
Zum Beispiel jene zur Bewältigung der Krise um die nachrichtenlosen Konten oder zur Nichtbewältigung der Libyen-Krise. Ein Blick in die Akten könne «rasch Abhilfe schaffen».
Thurnherr stand am Swiss Media Forum seinen Mann. 2021 hatte noch Medienministerin Simonetta Sommaruga dem Schweizer Mediengipfel ihre Ehre erwiesen, 2020 war es Verteidigungsministerin Viola Amherd gewesen, und 2018 hielt Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann ein paar Wochen vor seinem letzten Arbeitstag im Bundeshaus eine Rede vor der versammelten Medienwelt.