Millionenerbe Carl Hirschmann kann es sich leisten: Zusammen mit seinen Anwälten klagte der Jetsetter 140 Tamedia-Publikationen ein. Ein trauriger Rekord. Nicht ohne ironischen Unterton sinnierte das Bundesgericht in einem Entscheid über «Cervelat-Prominenz» und deren Persönlichkeitsschutz, wie Rechtsanwalt Christoph Born an der Medienrechtstagung ausführte.
Eigentlich ist es ganz einfach: Gemäss Artikel 28 Absatz 2 des Zivilgesetzbuches ist jede Persönlichkeitsverletzung widerrechtlich, ausser sie ist durch Einwilligung des Betroffenen, durch ein überwiegendes öffentliches Interesse oder durch ein Gesetz gerechtfertigt.
Doch was die Richter genau unter einem «öffentlichen Interesse» verstehen, unterliegt einem gewissen Wandel, wie Christoph Born in seinem Referat aufzeigte. Dabei entwickelte das Bundesgericht in der Vergangenheit eine Spruchpraxis zu «Personen der Zeitgeschichte», die ein öffentliches Interesse an einer Berichterstattung begründen können.
Auf den Punkt gebracht passt Carl Hirschmann nicht in dieses Schema, weil ihm der dafür notwendige Status und eine gewisse Leistung fehlen und weil er nicht in einer Verbindung zu einem «aussergewöhnlichen Ereignis» steht, so das Bundesgericht.
Besteht demnach gar kein öffentliches Interesse an einer Medienpräsenz und Berichterstattung über die Ex-Bachelors, Ex-Miss-Schweiz und Co., kurz über die «Cervelat-Prominenz»? Das Bundesgericht kommt zu einem anderen Schluss und erweitert seine bisherige Kategorisierung.
In seinem Urteil beschreibt das Gericht eine Gruppe von «Reichen und Schönen», die «weder besonderes Ansehen gewinnen, noch über die Landesgrenzen hinweg bekannt werden», so die Richter fast schon zynisch.
Und weiter begründet das Bundesgericht in Höchstform: «Das Interesse am Tun und Treiben dieser bisweilen als `Cervelat-Prominenz` bezeichneten sozialen Gruppe wird von einer Sparte der Medienwelt bedient, für die Begriffe wie Boulevardjournalismus, Regenbogenpresse oder Peoplejournalismus geläufig geworden sind.»
Das öffentliche Interesse hänge davon ab, dass «diese Pseudo-Prominenten mit schlagzeilenträchtigen Auftritten, Ereignissen oder auch nur Gerüchten in Erscheinung treten». Die Akteure, die Medien und die Öffentlichkeit pflegen demgemäss eine Art «Symbiose», wobei jeder von jedem irgendwie profitiert.
Christoph Born kam in seinem Referat zum Schluss, dass deshalb das Verhalten der «Cervelat-Prominenz» gegenüber den Medien darüber entscheiden muss, ob Eingriffe in ihre Persönlichkeitsrechte gerechtfertigt sind oder nicht. Suchen solche «Pseudo-Promis» also bewusst das Scheinwerferlicht der Medien, dürfen sie sich auch nicht über negative Berichterstattung beschweren.
Denn Born geht davon aus, dass Personen in solchen Fällen «stillschweigend» in eine Persönlichkeitsverletzung einwilligen, wie er an der Medienrechtstagung abschliessend sagte.