Es geschah an einem Tag im Jahre 1995. Der «Tages-Anzeiger» hatte damals über «die seltsamen Methoden des Dr. Martin Kraska» berichtet. Dieser erhob in der Folge Klage wegen Persönlichkeitsverletzung. 1998 veröffentlichte der «Tagi» eine kurze Notiz, dass das Bezirksgericht die Klage abgewiesen habe. Dabei wiederholte der «Tagi» den Namen des Arztes und fasste die Vorwürfe zusammen. Laut Bundesgericht, dessen Urteil soeben vorliegt, war die Nennung seines Namens zulässig. Der «Tages-Anzeiger» durfte darüber berichten, dass er in erster Instanz einen Rechtsstreit mit dem Zürcher Arzt Martin Kraska gewonnen hatte.
Kraska erhob auch dagegen Klage und erhielt von der Zürcher Justiz insoweit Recht, als die Nennung seines Namens widerrechtlich gewesen sei. Dem «Tagi» wurde verboten, das Urteil des Bezirksgerichts als «Etappensieg» vor rechtskräftiger Erledigung der Sache so zu kommentieren, dass Kraska identifizierbar sei.
Das Bundesgericht hat die Berufung des verantwortlichen Journalisten und der Tamedia AG nun gut geheissen. Es verwies in seinem Grundsatzentscheid zunächst auf das gewichtige öffentliche Interesse an der Gerichtsberichterstattung. Die Medien würden damit eine wichtige Brückenfunktion ausüben, indem sie die richterliche Tätigkeit einem grösseren Publikum zugänglich machen würden. Im Gegensatz zur Auffassung der Zürcher Richter beschränke sich dieses Interesse nicht nur auf letztinstanzliche Urteile.
Im konkreten Fall sei eine für den Durchschnittsleser nachvollziehbare Berichterstattung ohne Namensnennung nicht denkbar gewesen, hiess es im Urteil. Zudem handle es sich bei Martin Kraska um eine relativ prominente Person. Eine Nennung seines Namens habe er deshalb eher in Kauf zu nehmen.
Die kleine und unscheinbare Zeitungsnotiz habe zudem nur eine Mitteilung wahrer Tatsachen enthalten, nicht aber eine Würdigung. Dass die ursprünglichen Vorwürfe nochmals kurz zusammengefasst worden sind, liegt laut den Lausanner Richtern in der Natur der Sache.
Montag
15.09.2003